“... Lesen schadet den Augen! ”

                        

                                 Liebesgedichte - zum Heulen schön!

                                           Nicht nur lesen, denn das ..........

     

           Unbekannt

    Du bist min, ich bin din.

    Des solt du gewis sin.

    Du bist beslozzen

    In minem herzen,

    verlorn ist das sluzzelin:

    du muost ouch immer darinne sin.

                                                (1150?)

     

        Walther von der Vogelweide  ( ca.1170 – 1230)

         Under der linden

         ›Under der linden

         an der heide,

         dâ unser zweier bette was,

         dâ mugt ir vinden

         schône beide                                                                    

         gebrochen bluomen unde gras.

         vor dem walde in einem tal

         tandaradei,

         schône sanc diu nahtegal.

         

        Ich kam gegangen

        zuo der ouwe:

        dô was mîn friedel komen ê.

        dâ wart ich enpfangen,

        hêre frowe,                                                                      

        daz ich bin saelic iemer mê.

        kust er mich? wol tusentstunt,

        tandaradei,

        seht wie rôt ist mir der munt.‹

          

         Dô het er gemachet

        alsô rîche

        von bluomen eine bettestat.

        des wirt noch gelachet

        inneclîche,                                                                        

        kumt iemen an das selbe pfat.

        bî den rôsen er wol mac

        tandaradei,

        merken wâ mirz houbet lac.

         

        Daz er bî mir laege,

        wessez iemen

        nu enwelle got! sô schamt ich mich.

        wes er mit mir pflaege,

        niemer niemen                                                                 

        bevinde daz, wan er unt ich,

        und ein kleinez vogellîn:

        tandaradei,

        daz mac wol getriuwe sîn.<

         

         

        Erich Adler ©

        (Adaption des schlicht Unübersetzbaren )

                     1.

        Unterm Lindenbaum

        in der Heide - dort

        wo unser beider Bett gemacht

        könnt ihr - eventuell  - entdecken

        gleichmäßig zerdrückte

        Blumen und Gras

        vorm  Wald in einem Tal

             - tandaradei -

        schön über uns schluchzt’ die Nachtigall

                       2.

        Ich kam gegangen

        zu unserm Grasplatz

        mein Liebster - er war schon vor mir da

        so wurd ich empfangen

        - o, heilige Jungfrau -

        dass ich auf immer glücklich sein kann

        ob er mich küsste???  - wohl tausendmal tausend - - -

        - tandaradei - 

        schaut her - mein Mund  ist ja  blutrot

                       3.

        Von ihm ganz allein

        so reich aufgeschüttet

        ein  Bett nur aus Blumen

        dort hüpft in der Brust eines jeden

        das Herz 

        dem der Zufall den gleichen Weg weist

        die Lage der Rosen verrät ihm

              - tandaradei -

        wo mein Kopf mal geruht.

                    4. 

        Dass er bei mir lag  - - -

        O,  wenn das jemand wüsste

        - da sei Gott vor -  schamrot würd ich werden

        was er mit mir gemacht hat

        Niemals, ach niemals 

        soll’s jemand  erfahren!  - nur er und ich  -

        und ein kleines Vögelchen

        - tandaradei -

        auf das aber kann ich mich wohl verlassen.

     

     

      Unbekannt (1467)

      Es ist ein Schnee gefallen,

      Und es ist doch nit Zeit,

      Man wirft mich mit den Ballen,

      Der Weg ist mir verschneit.

       

      Mein Haus hat keinen Giebel,

      Es ist mir worden alt,

      Zerbrochen sind die Riegel,

      mein Stüblein ist mir kalt.

       

      Ach Lieb, laß dich's erbarmen,

      Daß ich so elend bin,

      Und schleuß mich in deine Arme,

      So fährt der Winter dahin.

     

     

        Johann Wolfgang von Goethe (1749 - 1832)

         Willkommen und Abschied (Spät-Fassung von 1789)

         Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!

        Es war getan, fast eh gedacht.

        Der Abend wiegte schon die Erde,

        Und an den Bergen hing die Nacht;

        Schon stand im Nebelkleid die Eiche,

        Ein aufgetürmter Riese, da,

        Wo Finsternis aus dem Gesträuche

        Mit hundert schwarzen Augen sah.

         

        Der Mond von einem Wolkenhügel

        Sah kläglich aus dem Duft hervor,

        Die Winde schwangen leise Flügel,

        Umsausten schauerlich mein Ohr;

        Die Nacht schuf tausend Ungeheuer;

        Doch frisch und fröhlich war mein Mut:

        In meinen Adern, welches Feuer!

        In meinem Herzen welche Glut!

         

        Dich sah ich, und die milde Freude

        Floss von dem süßen Blick auf mich;

        Ganz war mein Herz an deiner Seite

        Und jeder Atemzug für dich.

        Ein rosenfarbnes Frühlingswetter

        Umgab das liebliche Gesicht,

        Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter!

        Ich hofft es, ich verdient es nicht!

         

        Doch ach, schon mit der Morgensonne

        Verengt der Abschied mir das Herz:

        In deinen Küssen welche Wonne!

        In deinem Auge welcher Schmerz!

        Ich ging, du standst und sahst zur Erden

        Und sahst mir nach mit nassem Blick:

        Und doch, welch Glück geliebt zu werden!

        Und lieben, Götter, welch ein Glück!

     

    Aufschlussreich, wie dieser gute Mann  nach Jahren Abstand die Blickrichtung ändern konnte, ist ein Vergleich  mit der Frühfassung von 1771 - vor allem in der letzten Strophe: Friederike, die kleine Pfarrerstochter aus  Sesenheim, geht mit gebrochenem Herzen aus der Szene  und Jüngling Goethe bleibt schluchzend  zurück. -      Da schämt man sich halt nach ein paar Jahren, Herr “Kultusminister”, gell? ---------                                      Drum: Die Tränen des Harry Heine sind mir lieber. (Denk ich an Deutschland in der Nacht!):

 

  

        Rahel Levin Varnhagen  (1771-1833)

         Einsam

         

        Einsam

        Steht jeder,

        Auch liebt

        Jeder allein,

        Und helfen

        Kann niemand dem andern.

 

 

      Heinrich Heine (1797 –1856)

      Sie saßen und tranken am Teetisch,

      Und sprachen von Liebe viel.

      Die Herren, die waren ästhetisch,

      Die Damen von zartem Gefühl.

       

      „Die Liebe muss sein platonisch“,

      Der dürre Hofrath sprach.

      Die Hofräthin lächelt ironisch,

      Und dennoch seufzet sie: „Ach!“

       

      Der Domherr öffnet den Mund weit:

      „Die Liebe sei nicht zu roh,

      Sie schadet sonst der Gesundheit.“

      Das Fräulein lispelt: „Wieso?“

       

      Die Gräfin spricht wehmütig:

      „Die Liebe ist eine Passion!“

      Und präsentieret gütig

      Die Tasse dem Herrn Baron.

       

      Am Tisch war noch ein Plätzchen,

      Mein Liebchen, da hast du gefehlt.

      Du hättest so hübsch, mein Schätzchen,

      Von deiner Liebe erzählt.

 

                                   *                                     (aus: Lyrisches Intermezzo - 1822/23)

 

      Heinrich Heine ( 1797 –1856)

       Ich hab im Traum geweinet,

      Mir träumte, du lägest im Grab.

      Ich wachte auf, und die Träne

      Floss noch von der Wange herab.

       

      Ich hab im Traum geweinet,

      Mir träumt‘, du verließest mich.

      Ich wachte auf, und ich weinte

      Noch lange bitterlich.

       

      Ich hab im Traum geweinet,

      Mir träumte, du bliebest mir gut.

      Ich wachte auf, und noch immer

      Strömt meine Tränenflut.

     

 

      Heinrich Heine (1797 –1856)

      Ein Jüngling liebt ein Mädchen,

      Die hat eien andern erwählt;

      Der andre liebt eine andre,

      Und hat sich mit dieser vermählt.

       

      Das Mädchen heiratet aus Ärger

      Den ersten besten Mann,

      Der ihr in den Weg gelaufen;

      Der Jüngling ist übel dran.

       

      Es ist eine alte Geschichte,

      Doch bleibt  sie immer neu;

      Und wem sie just passieret,

      dem bricht das Herz entzwei.

       

              (aus: Lyrisches Intermezzo - 1822/23)

 

      Heinrich Heine (1797 –1856)

      Und bist du erst mein ehlich Weib,

      Dann bist du zu beneiden.

      Dann lebst du in lauter Zeitvertreib,

      In lauter Pläsir und Freuden.

       

      Und wenn du schilst und wenn du tobst,

      Ich wird es geduldig leiden;

      Doch wenn du meine Verse nicht lobst,

      Lass ich mich von dir scheiden.

       

                                 (aus: Die Heimkehr – 1823/24)

 

      Heinrich Heine (1797 –1856)

      Das macht den Menschen glücklich,

      Das macht den Menschen matt,

      Wenn er drei sehr schöne Geliebte

      Und nur zwei Beine hat.

       

      Der einen lauf’ ich des Morgens,

      Der andern des Abends nach;

      Die Dritte kommt zu mir des Mittags

      Wohl unter mein eigenes Dach.

       

      Lebt wohl, ihr drei Geliebten,

      Ich hab’ zwei Beine nur,

      Ich will in ländlicher Stille

      Genießen die schöne Natur.

       

                     *                                           (aus dem: Nachlass - 1830/40)

 

      Heinrich Heine (1797 –1856)

      Ich halte ihr die Augen zu... 

       

       Ich halte ihr die Augen zu

      Und küss sie auf den Mund;

      Nun lässt sie mich nicht mehr in Ruh,

      Sie fragt mich um den Grund.

       

      Von Abend spät bis Morgens früh,

      Sie fragt zu jeder Stund:

      Was hältst du mir die Augen zu,

      Wenn du mir küsst den Mund?

       

      Ich sag ihr nicht, weshalb ichs tu,

      Weiß selber nicht den Grund -

      Ich halte ihr die Augen zu

      Und  küss ihr auf den Mund.

       

                                                   (aus: Verschiedene Gedichte -  1832/39)

 

      Heinrich Heine (1797 –1856)

      Ein Weib

       

      Sie hatten sich beide so herzlich lieb,

      Spitzbübin war sie, er war ein Dieb.

      Wenn er Schelmenstreiche machte,

      Sie warf sich aufs Bett und lachte.

       

      Der Tag verging in Freud und Lust,

      Des Nachts lag sie an seiner Brust.

      Als man ins Gefängnis ihn brachte,

      Sie stand am Fenster und lachte.

       

      Er ließ ihr sagen: „O komm zu mir,

      Ich sehne mich so sehr nach dir,

      Ich rufe nach dir, ich schmachte“  -

      Sie schüttelt’ das Haupt und lachte.

       

      Um Sechse des Morgens ward er gehenkt.

      Um Sieben war er ins Grab gesenkt;

      Sie aber schon um Achte

      Trank roten Wein und lachte.

       

                                                                     (aus: Romanzen - 1839/42)

  

       

        Luise Hensel(1798 - 1876)

        Ich schaue nach den Bergen, von denen mir Hilfe kommt

         

        Ich lieg im dunkeln Thale,

        So öd' und schauerlich,

        Und sehne nach dem Strahle

        Des neuen Morgens mich.

         

        Es hat mit Eis umgeben

        Der Winter meine Brust;

        Es schwieg in mir das Leben,

        Der Liebe reine Lust.

         

        Noch Dem ich mich muss bangen,

        Der einzig treu und rein:

        Ich kann Ihn nicht erlangen

        Und kann nicht ohn' Ihn sein. -

         

        Weht hin, ihr milden Lüfte,

        Durch Seiner Locken Zier

        Und bringt der süßen Düfte

        Von Seinen Bergen mir! -

         

        Ich schau’ empor, die Hügel.

        Sie stehn so eng’  um mich;

        O, hätt’ ich Taubenflügel,

        Mein Freund! ich fände Dich. -

         

        Wann kommst Du, mein Verlangen?

        Wann küsset mich Dein Mund?

        Wann wird von stetem Bangen

        Mein sterbend Herz gesund?

         

        O, möcht’ ich Deine Spuren

        In dieser Wüst’ erspähn:

        Es würden bald die Fluren

        In hellen Blüthen stehn.

         

        O, dürft' ich Licht und Wonne

        Aus Deinen Augen ziehn,

        Mir brauchte keine Sonne

        Am Himmel mehr zu glühn! -

         

        Ohn' Ihn ist Alles trübe,

        Das Herz so krank und schwer,

        Kein Trost und keine Liebe

        Auf weiter Erde mehr.

         

        O, dass die Still' erbebte

        Von Seinem süßen Ruf!

        O, dass Er mich belebte.

        Der mir das Leben schuf!

                                                           (1822)

 

          Nikolaus Lenau (1802-1850)

          An die Entfernte

          I.

          Diese Rose pflück ich hier,

          In der fremden Ferne;

          Liebes Mädchen, dir, ach dir

          Brächt ich sie so gerne!

           

          Doch bis ich zu dir mag ziehn

          Viele weite Meilen,

          Ist die Rose längst dahin,

          Denn die Rosen eilen.

           

          Nie soll weiter sich in's Land

          Lieb' von Liebe wagen,

          Als sich blühend in der Hand

          Läßt die Rose tragen;

           

          Oder als die Nachtigall

          Halme bringt zum Neste,

          Oder als ihr süßer Schall

          Wandert mit dem Weste.

           

          II.

          Rosen fliehen nicht allein,

          Und die Lenzgesänge,

          Auch dein Wangenrosenschein

          Deine süßen Klänge.

           

          O, daß ich, ein Thor, ein Thor,

          Meinen Himmel räumte!

          Daß ich einen Blick verlor,

          Einen Hauch versäumte!

           

          Rosen wecken Sehnsucht hier,

          Dort die Nachtigallen,

          Mädchen, und ich möchte dir

          In die Arme fallen!

     

      

     Wilhelm Busch (1832 –1908)

     Die Liebe war nicht geringe.

    Sie wurden ordentlich blass;

    Sie sagten sich tausend Dinge

    Und wussten noch immer was.

     

    Sie mussten sich lange quälen.

    Doch schließlich kam’s dazu,

    Dass sie sich konnten vermählen.

    Jetzt haben die Seelen Ruh.

     

    Bei eines Strumpfes Bereitung

    Sitzt sie im Morgenhabit;

    Er liest in der Kölnischen Zeitung

    Und teilt ihr das Nötige mit.

                                                       (1874)

     

     

        Johannes Trojan (1837 – 1915)

        Die Werbung auf dem Produktenmarkte

         

        Isidor, genannt der Schöne,

        Geht auf dem Productenmarkte,

        Auf den Lippen süsses Lächeln,

        Holdes Schmachten in den Blicken

        Und im Herzen Liebesflammen,

        Aber sonst ganz beim Geschäfte.

        Spiritus belebt und steigend,

        Mehl behauptet, Roggen fest.

         

        Und auf dem Productenmarkte

        Sieht er der Geliebten Vater.

        Auf ihn zu geht er mit Lächeln,

        Redet Vieles, glühend wirbt er.

        Und der Alte hört ihn zornig,

        Aber sonst ganz beim Geschäfte.

        Rüböl ruhig, Weizen fester,

        Hafer loco kein Geschäft.

         

        Isidor, genannt der Schöne,

        Geht auf dem Productenmarkte.

        Seine Blicke sind erloschen

        Und sein Hut ist angetrieben.

        Innerlich ist er zerschmettert,

        Aber sonst ganz beim Geschäfte.

        Butter leblos, Leinöl weichend,

        Gerste still und Erbsen flau.

                           *

 

 

      Detlev von Liliencron ( 1844 –1909)

       Der Handkuß

       

                     Viere lang,

           Zum Empfang,

           Vorne Jean,

           Elegant,

               Fährt meine süße Lady.

           Schilderhaus,

           Wache raus.

           Schloßportal,

           Und im Saal

               Steht meine süße Lady.

           Hofmarschall.

           Pagenwall.

           Sehr graziös,

                 Merveillös                                                                                                                                                                                                                                                                                                                             Knickst meine süße Lady.

     

           Königin,

           Hoher Sinn.

           Deren Hand,

           Interessant,

               Küßt meine süße Lady.

           Viere lang,

           Vom Empfang,

           Vorne Jean,

           Elegant,

               Kommt meine süße Lady.

           Nun wie war's

           Heut bei Zars?

           Ach, ich bin

           Noch ganz hin,

               Haucht meine süße Lady.

           Nach und nach,

           Allgemach,

           Ihren Mann

           Wieder dann

               Kennt meine süße Lady.

                                                             (1889)

       

          Detlev von Liliencron ( 1844 –1909)

          Glückes genug

          Wenn sanft du mir im Arme schliefst,

          ich deinen Atem hören konnte,

          im Traum du meinen Namen riefst,

          um deinen Mund ein Lächeln sonnte –

                      Glückes genug.

           

          Und wenn nach heißem, ernstem Tag

          Du mir verscheuchtest schwere Sorgen,

          wenn ich an deinem Herzen lag

          und nicht mehr dacht an einen Morgen –

                      Glückes genug.

           

              *

 

    Leider völlig zu Unrecht fast „vergessen“ - das Internet bietet viele Liebesgedichte von ihm,                          u.a. in Gunter Hilles  Projekt Gutenberg DE  (s. Links):

     

        Max Dauthendey (1867 - 1919)

        Du bist mehr als ein Frühling

        Der süße Flieder steht nur einmal

        im Jahr auf dem Baum,

        Deine Brüste blühen mir jahraus,

        jahrein, du bist mehr

        als ein Frühling.

        Meine Wünsche glänzten wie die Sprossen

        der Kastanie,

        Du zogst sie alle an die Sonne,

        wir sitzen in einem Laubdach

        Und lachen uns zu im satten Schatten.

        Wie einen Baum, den der Blitz überfiel,

        hatte mich

        die Sehnsucht gezeichnet,

        Jetzt wohnen deine Bienen bei mir,

        und meine Augen

        fließen über von deinem Honig

          

     

          Max Dauthendey (1867 - 1918)

          Am süßen lila Kleefeld vorbei,

          Zu den Tannen, den zwei,

          Mit der Bank inmitten,

          Dort zieht wie ein weicher Flötenlaut

          Der sanfte Fjord,

          Blau im Schilfgrün ausgeschnitten.

           

          Gib mir die Hand.

          Die beiden Tannen stehen so still,

          Ich will dir sagen,

          Was die Stille rings verschweigen will.

          Gib mir die Hand ...

          Gib mir in deiner Hand dein Herz.

     

     

                       Hugo von Hofmannsthal (1874 - 1929) Die Beiden (1898)

 

            Die Beiden

           

                     Sie trug den Becher in der Hand

                     - Ihr Kinn und Mund glich seinem Rand -

                     So leicht und sicher war ihr Gang,

                     Kein Tropfen aus dem Becher sprang.

           

                   So leicht und fest war seine Hand:

                     Er ritt auf einem jungen Pferde,

                     Und mit nachlässiger Gebärde

                     Erzwang er, daß es zitternd stand.

           

                   Jedoch, wenn er aus ihrer Hand

                   Den leichten Becher nehmen sollte,

                   So war es beiden allzu schwer:

                   Denn beide bebten sie so sehr,

                   Daß keine Hand die andre fand

                   Und dunkler Wein am Boden rollte.

                *

 

 

        Rainer Maria Rilke (1875 – 1926)

        Liebes-Lied

         Wie soll ich meine Seele halten, daß

        sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie

        hinheben über dich zu anderen Dingen?

        Ach gerne möchte ich sie bei irgendwas

        Verlorenem im Dunkel unterbringen

        an einer fremden stillen Stelle, die

        nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

        Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,

        nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich.

        Auf welches Instrument sind wir gespannt?

        Und welcher Spieler hat uns in der Hand?

        O süßes Lied.

                      *                                                         (1907)

 

 

      Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

      Ich habe dich so lieb

       

      Ich habe dich so lieb!

      Ich würde dir ohne Bedenken

      Eine Kachel aus meinem Ofen

      Schenken.

       

      Ich habe dir nichts getan.

      Nun ist mir traurig zu Mut.

      An den Hängen der Eisenbahn

      Leuchtet der Ginster so gut.

      Vorbei – verjährt –

      Doch nimmer vergessen.

      Ich reise.

      Alles, was lange währt,

      Ist leise.

       

      Die Zeit entstellt

      Alle Lebewesen.

      Ein Hund bellt.

      Er kann nicht lesen.

      Er kann nicht schreiben.

      Wir können nicht bleiben.

       

      Ich lache.

      Die Löcher sind die Hauptsache

      An einem Sieb.

       

      Ich habe dich so lieb.

       

         *

      Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

      Ein männlicher Briefmark erlebte

      Was Schönes, bevor er klebte.

      Er war von einer Prinzessin beleckt.

      Da war die Liebe in ihm erweckt.

       

      Er wollte sie wiederküssen,

      Da hat er verreisen müssen.

      So liebte er sie vergebens.

      Das ist Tragik des Lebens!

       

                     *

      Joachim Ringelnatz (1883 – 1934)

      Nachtschwärmen

       

      Die alte Pappel schauert sich neigend,

      Als habe das Leben sie müde gemacht.

      Ich und mein Lieb – hier ruhen wir schweigend –

      Und vor uns wallt die drückende Nacht.

       

      Bis sich zwei schöne Gedanken begegnen, -

      Dann löst sich der bleierne Wolkenhang.

      Goldene, sprühende Funken regnen

      Und füllen die Welt mit lustigem Klang.

       

      Ein trüber Nebel ist uns zerronnen.

      Ich lege meine in deine Hand.

      Mir ist, als hätt ich dich gewonnen. - -

      Und vor uns schimmert ein goldenes Land.

       

                             *

       

        Max Herrmann-Neiße (1886 – 1941)

        Strenges Liebeslied

         

        Dir gefällt nicht, was ich schreibe,

        Mir gefällt nicht, was du lebst.

        Daß ich trotzdem bei dir bleibe,

        daß du trotzdem mit mir lebst,

        hat mit Rosen uns umsponnen

        und mit Kälte überschneit.

        Leben wir in Sommersonnen

        oder in der Winterzeit?

         

        Ach, wir strecken zag die Hände,

        dunkelt’s, nacheinander aus.

        Plötzlich schrecken Feuerbrände

        feindlich von dem Nachbarhaus.

        Ach, wir fangen an zu reden,

        was der andre überhört.

        Stille Stunden haben jeden

        schließlich schon einmal betört.

         

        Schwüre lügen. Reden lügen.

        Schweigen lügt und Wahrheit schmerzt.

        Sich mit Güte zu begnügen,

        fühlt sich kaum ein Mensch beherzt.

        Was ich träume, was ich treibe

        stirbt, wenn du es nicht erhebst.  –

        Dir gefällt nicht, was ich schreibe.

        Mir gefällt nicht, was du lebst.

         

                     *

         

        Max Herrmann-Neiße (1886 – 1941)

        Kummer der Verzauberung

         

        O Kummer, nicht die Liebe zeigen zu können,

        die einer für den anderen in sich trägt,

        sich selber nicht die schönste Stunde gönnen,

        wenn heiß mein Herz nur für das deine schlägt!

         

        O Kummer, wieder unbeholfen schweigen,

        wenn so beredt die Sehnsucht in uns drängt,

        das Wunder ihrer Zärtlichkeit zu zeigen,

        und doch die Last an jeden Schritt sich hängt.

         

        O Kummer, innerlich vor Lust verbrennen –

        Und keiner kommt aus seinem Winter fort!

        Wie gerne gäben wir uns zu erkennen,

        und finden beide nicht das Zauberwort.

         

        O Kummer, unsre Zeit verrinnen spüren,

        und dennoch wird das einzige Glück versäumt,

        es blüht so nah mir hinter diesen Türen,

        die man zu öffnen feige stets nur träumt!

         

        Und auch im Traume bleibt man auf der Schwelle

        als einer, der das letzte niemals wagt.

        O Leben: Welle strömt hinab und Welle,

        und das Erschütternste bleibt ungesagt.

         

        O Leben, wo uns Götter nie vergönnen,

        daß die verlorne Stunde wieder schlägt!

        Ob Tote sich die Liebe zeigen können,

        die einer für den andern in sich trägt?

         

                                 *           (aus: M.H-N., Einsame Stimme, Berlin 1927)

 

 

          Ernst Blass (1890 – 1939)

          An Gladys

                O du, mein holder Abendstern ...

                                                   Richard Wagner

          So seltsam bin ich, der die Nacht durchgeht,

          Den schwarzen Hut auf meinem Dichterhaupt.

          Die Straßen komme ich entlang geweht.

          Mit weichem Glücke bin ich ganz belaubt.

           

          Es ist halb eins, das ist ja noch nicht spät ...

          Laternen schlummern süß und schneebestaubt.

          Ach, wenn jetzt nur kein Weib an mich gerät

          Mit Worten, schnöde, roh und unerlaubt!

           

          Die Straßen komme ich entlang geweht,

          Die Lichter scheinen sanft aus mir zu saugen,

          Was mich vorhin noch von den Menschen trennte;

           

          So seltsam bin ich, der die Nacht durchgeht ...

          Freundin, wenn ich jetzt dir begegnen könnte,

          Ich bin so sanft, mit meinen blauen Augen!

                                             *

 

 

      Kurt Tucholsky (1890 – 1935)

      DANACH

      Es wird nach einem happy end

      im Filmjewöhnlich abjeblendt.

           Man sieht bloß noch in ihre Lippen

           den Helden seinen Schnurrbart stippen —

           da hat sie nu den Schentelmen.

               Na, un denn — ?

       

           Denn jehn die Beeden brav ins Bett.

      Na ja ... diss isja auch janz nett.

           A manchmal möcht man doch jern wissn:

           Wat tun se, wenn se sich nich kissn?

           Die könn ja doch nich imma penn...!

               Na, un denn - ?

       

      Denn säuselt im Kamin der Wind.

      Denn kricht det junge Paar 'n Kind.

           Denn kocht sie Milch. Die Milch looft üba.

           Denn macht er Krach. Denn weent sie drüba.

           Denn wolln sich bede jänzlich trenn...

                     Na, un denn —?

       

      Denn is det Kind nich uffn Damm.

      Denn bleihm die Beeden doch zesamm.

           Denn quäln se sich noch manche Jahre.

           Er will noch wat mit blonde Haare:

           vorn dof und hinten minorenn...                 (= minderjährig, „unterbelichtet“)

           Na, un denn-?

       

      Denn sind se alt.

        Der Sohn haut ab.

      Der Olle macht nu ooch bald schlapp.

           Vajessen Kuss und Schnurrbartzeit —

           Ach, Menschenskind, wie liecht det weit!

           Wie der noch scharf uff Muttern war,

           det is schon beinah nich mehr wahr!

       

           Der olle Mann denkt so zurück:

           wat hat er nu von seinen Jlück?

           Die Ehe war zum jrößten Teile

           vabrühte Milch un Langeweile.

      Und darum wird beim happy end

      im Filmjewöhnlich abjeblendt.

                  (1930)

            *

             

      Marie Luise Weissmann (1899 – 1929)

      Geh nicht vor mir

       

      Geh nicht vor mir in dieses unbesungene,

      In dieses dunkle Reich,* das keiner kennt;

      Damit dein Name, dieser lang verklungne,

      Wenn ich ihn ruf, noch dich mit Namen nennt.

       

      Vertausche nicht dein Angesicht mit jenen

      Veränderlichen aus dem fremden Kreis,

      Die oft im Traum vorübergehn und denen

      Ich keinen Gruß und keinen Wunsch mehr weiß.

       

      Lass mich beim Brot gedenken und beim Wein,

      Dass du noch glühst, lass nicht mit Schatten-Speise,

      Mit Blut und Mehl verstohlen her dich rufen,

       

      Wie man Geschiedne ruft: Es steigt ihr Schein

      Und ihre unsichtbare Sohle leise

      Erdwärts herauf die ungeheuren Stufen.

                     *

                    * Orpheus-Eurydike-Motiv

 

            Hans Bender (*1919)

            Wie Jupiter

            Philemon und Baucis belohnt

            Er läßt sie nicht sterben, verwandelt

            sie in Bäume mit belaubten Kronen.

            Wieder rühmen sie die Dauer ihrer Liebe,

            bis die Rinde ihre Münder schließt.

     

           Ich danke Hans Bender sehr herzlich für die Abdruckerlaubnis dieses Vierzeilers -                                           s.  Dichter – Handwerk – Glaube – Herbst – Mensch -  veröffentlicht auch in:

           AKZENTE. Zeitschrift für Literatur, hrsg. von Michael  Krüger  Carl Hanser Verlag Juni 2008

                *

                 

      Eva Zeller © (* 1923)

      Nach Erster Korinther dreizehn

      I

      Wenn ich

      das Schweigen brechen könnte

      und mit Menschen-

      und Engelszungen reden

      und hätte der Liebe nicht

      so würde ich

      leeres Stroh dreschen

      und viel Lärm machen

      um nichts.

       

      II

      Und wenn ich wüßte

      was auf uns zukommt

      und könnte alle Situationen

      im Simulator durchspielen

      und den Winkel errechnen

      unter dem ich umkehren könnte

       

      und ließe mich nicht einfangen

      vom Schwerefeld der Liebe

      so schösse ich

      übers Ziel hinaus

      und alle Reserven

      nützten mir nichts

       

      III

      Und wenn ich

      bei dem Versuch zu überleben

      mein Damaskus hätte

      und fände mich selbst

      über alle Zweifel erhaben

      auf dem Pulverfaß sitzend

      wie in Abrahams Schoß

       

      und hätte die Liebe nicht

      als eiserne Ration

      hinübergerettet

      so fiele ich

      auf meinen bergeversetzenden

      Glauben herein

       

      IV

      Und wenn ich

      alle meine Habe den Armen gäbe

      daß meine linke Hand nicht wüsste

      was die rechte tut

      und ich ginge nicht

      zur Tagesordnung über

      sondern wäre der Spielverderber

      und die lebende Fackel

       

      und erklärte mich nicht

      solidarisch mit der Liebe

      so hätte ich im Ernstfall

      Steine statt Brot

      und Essigschwämme

      für den Durst des Menschen

       

      V

      Die Liebe ist lächerlich

      Sie reitet auf einem Esel

      über ausgebreitete Kleider

      Man soll sie hochleben lassen

      mit Dornen krönen

      und kurzen Prozeß mit ihr machen

      Sie sucht um Asyl nach

      in den Mündungen unserer Gewehre

      eine Klagesache von Weltruf

      immer noch schwebt das Verfahren

       

      VI

      Sie stellt sich nicht ungebärdig

      sondern quer zur Routine der Machthaber

      Die Behauptung

      sie ließe sich nicht erbittern

      hat sie im Selbstversuch

      eindrücklich bestätigt

      Sie ballt nicht die Faust

      Sie steigt nicht herab

      Sie hilft sich nicht selbst

       

      Sie dient als Kugelfang

       

      VII

      Sie freut sich nicht

      über die Ungerechtigkeit

      Sie ergreift Partei

      für die Ausgebeuteten

      Daher ist es lebensgefährlich

      sich mit ihr einzulassen

      Sie könnte nämlich

      Bewußtsein bilden

      und den Lauf der Dinge

      durchkreuzen

      Also üben dir ihre Vermeidung

      Tuchfühlung nur mit ihrem ungenähten Rock

      dem durch und durch gewirkten

      um den wir würfeln

      bis zum dreimal krähenden Morgen

       

      VIII

      Was ich zuwege bringe

      sie ist nicht produzierbar

      die Liebe

      in keiner Retorte zu züchten

      und schon gar nicht

      auszumendeln

      und aus der Welt zu schaffen

      Sie ist ein Skandal

      geboren

      bezeugt

      in Beweisnot geraten

      verurteilt

      gestorben

      begraben

      in Strahlung zerfallen

       

      IX

      Die Liebe hört nicht auf

      mich zu verunsichern

      Sie findet Fugen zum Eingreifen

      wo ich keine vermute

      Sie überredet mich

      in der Muttersprache des Menschen

      Sie öffnet mir die Augen

      und tritt als Sehnerv ein

      An dieser Stelle ist der blinde Fleck

      Und ich sollte nicht

      mit der Wimper zucken?

       

      X

      Wir sehen jetzt den Text

      nicht fettgedruckt

      sondern unleserlich

      im Kontext beweglicher Leuchtschrift

      der an- und ausgeht

      Wir sind in unserm Element

      im Zustand der fressenden Larve

      und können nur hoffen

      bis in die Verpuppung zu kommen

      in den durchsichtigen Kokon

      in dem wir zu erkennen sind

       

      XI

      Nun aber bleibt

      Glaube Liebe Hoffnung

      diese drei

      Aber die Liebe

      ist das schwächste

      Glied in der Kette

      die Stelle

      an welcher

      der Teufelskreis

      bricht

         *

      Der Autorin für Ihre freundlich rasche Antwort vom 26. 08. 2011 und das Gedicht aus dem frühsten Band Sage und schreibe, Gedichte, DVA 1971, S. 68 – 78 ganz lieben Dank.

 

 

          Reiner Kunze (* 1933)

          Dein Kopf auf meiner Brust

           

          Mit meinem rechten schlüsselbein

          schließen wir uns ein

          in den schlaf

           

          Sollte ich’s im traum

          verlegen, nehmen wir, uns wachzuschließen,

          das linke

           

          Mich nur, mich halte fest,

          der schlaf hat schloß und klinke

               

   Meinem Lieblingsautor www.reiner-kunze.com nicht nur abends gedankt für die Abdruckerlaubnis.

              *

               

          Horst Bingel (1933 – 2008)

          Sommer

           

          Weißt du, als der Wind stillstand,

          erinnere dich, die Schar der Raben,

          die Hasenparade, die eine Nacht

          im Sommer, im Mond.

          Nein, ich bin es nicht.

          Ich bin nicht Postbote im Postamt zwo,

          weißt du, der eine Tag im August?

           

          Du duftest nicht mehr nach Heu.

          Wollen wir heute abend ins Kino gehen?

          Freitag, hast du an Fisch gedacht?

          Im nächsten Urlaub fahren wir zwei,

          wie damals, nach Mallorca.

                           *

           

          Horst Bingel (1933 – 2008)

          Poesiealbum

           

          Das Schreiben von Gedichten, es kann

          doch keine Sünde sein, du trinkst auch

          mit einer Schönen nicht immer nur

          Wein, schon sitzt im Herzen

          der alte, der Wurm

           Vergißmeinnicht und

          bleibt sitzen auf

          einem, einem

          Liebesgedicht.

                  

 

    aus: Horst Bingel, Den Schnee besteuern.  Gedichte. Hrsg. von Werner Bucher und Virgilio

                               Masciadri. orte-Verlag, Oberegg und Zürich 2009, S. 72 f 

                               Frau Barbara Bingel ganz herzlichen Dank für die Abdruckerlaubnis.

              *

 

        Albert von Schirnding (* 1935)

        Die Landschaft der Liebe hat Berge und Schluchten

        verwilderte Wege steinige Buchten

        Es rief aus den Wäldern: Gebt euch verloren

        Wir stopften uns Büschel von Gras in die Ohren

         

        Geröll schlug uns blutig Wir wollten nicht hören

        Jetzt müssen wir fühlen der Liebe abschwören

        Entflogen die Schwäne die uns grüßten

        Die Landschaft der Liebe hat Meere und Wüsten

         

                                       *

    aus: Albert von Schirnding: Übergabe. Achtzig Gedichte. Ebenhausen b. München 2005, S. 25 -  Langewiesche-Brandt KG

    Dem Autor für die spontane Antwort vom 16. 02. 2012  - und sein großzügiges Einverständnis mit

    einer Gedichtauswahl für einen Abdruck hier - meinen ganz herzlichen Dank. (Ad)

 

 

          Sarah Ines ©

          bewaffnet mit brennender geduld

          fantasien galoppieren wenn wir uns sehn

          roter sand wirbelt auf der aschenbahn

          ich und du wetten um alles oder nichts

          welcher unsrer traber sich wohl ins ziel träumt

           

          unsere primären geschlechtsmerkmale

          bleiben schamlos verhüllt hand in hand gehn wir

          rimbauds strahlende städte gibt's nicht mehr

          make love not war ist veraltet oder nicht

           

          seh aber doch die welt mit andren augen

          seit ich mit dir nicht mehr ganz so allein bin

          meine zeichen auf dir hinterlassen darf

           

          du glaubst nicht an fliegende rösser sagst du

          sind bloß märchen der vergangnen kinderzeit

          aber breitest erstaunt deine flügel aus

           

                                              

         aus: liebe geht durch die haut. Erotic lyrics & arts, von Sarah Ines und Günter Ludwig,                                 Storia Verlag, Oktober 2007  www.liebehaut.storia-verlag.de

         Der Autorin ganz herzlichen Dank für die Abdruckerlaubnis des Sonetts – August 2007

                *

 

          Andreas Noga (* 1968)

          lippenbekenntnis

           

          keine schwalbe dein kuss

          machte den sommer

           

          am see auf dem steg

          du lachtest sprangst auf

           

          ins wasser

          ich fühlte

           

          als würde licht

          aufspritzen

           

             *

          Andreas Noga (* 1968)

          berührungspunkt

           

          viele hände geschüttelt

          darunter deine

           

          zu fassen bekommen

          später versucht

           

          mich an deine haut

          zu erinnern

           

          die du reichtest

          als flüchtigen gruß

           

          der unterging

          in der geschichte

           

          des abends

            *

          

    Dem Autor Andeas Noga herzlichen Dank für seinen Beitrag aus dem Gedichtband

    Lücken im Lärm. Gedichte, Silver Horse Edition Marklkofen, 2010, S. 10/ 24

                  

                             *

       Ich lieb dich..., ich lieb dich nicht ...., ich lieb dich ... Schleim nicht! - Kein copy!

     

     Else Lasker - Schüler (1869 - 1945) Ein Liebeslied

     (Komm zu mir in der Nacht - wir schlafen engverschlungen)

     Sehr lesenswert:

     Else Lasker - Schüler. Eine Biographie. Von Sigrid Bauschinger. Suhrkamp Verlag Tb 3777 –  2006

     

          Bertolt Brecht (1898 - 1956)  Erinnerung an die Marie A.

               (Gemeint: Brechts Jugendliebe aus Augsburg - Marie Ammann)

    (An einem Tag im blauen Mond September/ Still unter einem jungen Pflaumenbaum)

     Morgens und abends zu lesen (Der, den ich liebe/ Hat mir gesagt/ Dass er mich braucht)

               (Es gibt auch ein paar deftig  erotische Gedichte vom „Schlitzohr“ B.B.)

     

     Erich Kästner ( 1899 - 1974) Sachliche Romanze (Als sie einander acht Jahre kannten)

     

     Mascha Kaleko (1912  - 1975) Das Ende vom Lied

                                     (Ich säh dich gern noch einmal, wie vor Jahren)

    Weil du nicht da bist (sitze ich und schreibe/A ll meine Einsamkeit auf dies Papier.)

    (Diese Frau hätte ich gerne kennen gelernt - Ihr Ton: aufrichtig und ohne Weinerlichkeit - locker gereimt        und nie abgekupfertes  oder gar verbrauchtes Sprachmaterial - immer von Herzen und zu Herzen gehend -  Lesen gefordert - Unbedingt besorgen und

     “Nennen wir es ‘Frühlingslied’ auswendig lernen!  (“Lyrisches Stenogrammheft” u.a.m.)

    Eine lesenswerte Biografie gibt es von Jutta Rosenkranz, Mascha Kaléko -  bei dtv premium 24591, Juli 2007 (2.Auflage)

     

    Erich Fried (1921 –1988) Ohne Dich  ( Nicht nichts/ ohne dich/ aber nicht dasselbe)

    Reiner Kunze (*1933) Die Liebe (Die liebe/ Ist eine wilde rose in uns)

    Rolf Dieter Brinkmann  (1940 – 1975)   Die Orangensaftmaschine

    (dreht sich & Es ist gut, daß der Barmann zuerst auf die nackten Stellen eines/ Mädchens schaut das ein Glas kaltenTees trinkt. )

    Geht für schläfrige Schüler auch wohl als Sommergedicht durch, aber nicht für die  Grundschüler geeignet, sonst kriegen die Angst vor schwitzenden Frauen!   - Brinkmanns Saftmaschine: ein Gedicht - das ich seit 1975  ungebrochen bewundere, ebenso  den  Großstadt- Sommer in:   einen jener klassischen …!

     

    Fast besoffene bin ich auch vom gelungenen Vierzeiler Robert Wohllebens (* 1937)

      Abends (der Große Himmel/ von Curacao bis Persiko …)

     

    Ulla Hahn (* 1946) Anständiges Sonett (Komm beiß dich fest ich halte nichts/ vom Nippen.)

                     Bildlich gesprochen (Wär ich ein Baum ich wüchse)  (1981)

         

      Hilde Domin (1909 - 2006)  Die Liebe (sitzt in der Sonne/ auf einer Mauer und räkelt sich

     

     Christine Eisel  Zimmer aufräumen (Den Duft der geschenkten Rose)

    aus: Ein Zeichen von dir. Liebesgedichte. Anthhologie: 67Autoren - auch ich - bemühen sich,               der Sache was abzugewinnen.  Engelsdorfer Verlag. Dorante Edition. Berlin 2005                                                                                                           Hrsg. Marko Ferst.

      Die Produktion wird in deutschen Schlafzimmern  oder  an geräumigeren Schreibtischen

                         täglich fortgesetzt - mal mehr,  mal weniger erfolgreich.

      

 

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