“... Lesen schadet den Augen! ”

 

                             Walther von der Vogelweide (ca. 1170 – 1230)

                           Adaptionen - Ăśbersetzungen: Erich Adler (copy)

                                                       (18 + 7 Versuche - 2006/ 2007)

 

    1. Herr Gott, halt von mir ab die Sorgen (HĂŞrre got, gesegene mich vor sorgen)  (vor 1198)

    2. Was Liebe vermag (Maneger frâget waz ich klage)

    3. Schach dem Reinmar (Ein man verbiutet ane pfliht)

                                                                                                                                            

    4. Nachdenkliches ĂĽber Gott und die Welt (Ich saz uf eime steine)  (1198-1201- Reichston)

    5. Ich schau in den Fluss  (Ich horte ein wazzer diezen) (1198-1201)

     

    6. Uns hat der Winter – wohin man schaut – schwer zugesetzt  (1. Wanderzeit  1198 – 1203)

         (Uns hat der winter geschat ĂĽber al)          

     

    7. Die Krone ist deutlich älter als der König Philippchen  (1202/03 - 1. Philippston)

         (Diu krone ist elter dann der kĂĽnnec Philippes si)

     

    8. Wer es schon an den Ohren hat (Der in den oren siech von ungesĂĽhte si)  (1202/03)

 

    9. Bitte um Verständnis (Daz ich dich so selten grĂĽeze) (Zeit des Preisliedes - erste RĂĽckkehr nach Wien -      

                                                                     zweite Auseinandersetzung mit Reinmar   1203 - 1205)

    10. Liebe - lasst es mich wissen (Saget mir ieman, waz ist minne?)

      

    11. Ich weiß nicht, ob ich dir zuwider bin (Bin ich dir unmaere) (nach 1205 - Mädchenlieder

    12.  Voller Zweifel und Ungewissheit    (In einem zwivelichen van) (nach 1205)

     

    13. Versperrt ist mir das Tor zum Heil (Mir ist verspart der saelde tor)  (1206 – Wiener Hofton)

      

    14. Ich hab meine Burg, in die Welt geschrien, ich hab mein Lehen  (1214 – Friedrichston)

               (Ich han min lehen, al die welt, ich han min lehen)

     

    15. Ich hab Herrn Ottos Zusagen, er werde mich noch reich machen.    (nach 1214)  

               (Ich hân hĂŞrn Otten triuwe, er welle mich noch rĂ®ehen)

     

    16.  Ein Mann, gesegnet mit Blutsverwandten, aber krank an Freunden (ca. 1220 – Bognerton)

                             (Man hĂ´hgemâc, an friunden kranc)

     

    17.  O weh wie nervig stellen sich heute die jungen Leute an (Owe wie jaemerliche junge liute tuont) (Alterston)

    18.  O weh . wohin sind zerronnen – all meine Jahre   (Owe war sint verswunden) (Alterston) 

                 *

    19.  Was Walther schon wusste (Niemand kann mit gerten ) (Lieder nach 1205)  s. Alter Walther

    20. FrĂĽhling im Blick  (Der rife tet den kleinen vogelen we)   (1. Wanderzeit oder später) s. Motivkreis FrĂĽhling

    21.  Als Gottes Sohn auf der Erde war (späte polit. Lieder nach 1212) (Do gotes sun hie in erde gie) s . Glaube

    22.  Unterm Lindenbaum (Under der linden) (Mädchenlieder nach 1205) s. Motivkreis Liebe

    23.  Gebet (Ein meister las troum unde spiegelglas) (Alterston)    s. Motivkreis vanitas mundi

    24.  Die Welt war gelb, rot und blau (Die welt was gelf, rot und bla) (Lieder nach 1205) s. Motivkreis Winter

    25. Frau Welt (Fro Welt, ir sult dem wirte sagen)  (Alterston)   s. Motivkreis Zorn

                                                                                                                                                                                                                                      

      Walther von der Vogelweide (ca. 1170 – 1230)

           1.

      1

      HĂŞrre got, gesegene mich vor sorgen,

      daz ich vil wünneclîche lebe.

      Wil mir ieman sine fröide borgen,

      daz i'm ein ander wider gebe?

      Die vind ich vil schiere ich weiz wol wâ:

      wan ich liez ir wunder dâ;

      der ich vil wol mit sinnen

      getriuwe ein teil gewinnen.

      2

      Al mî fröide lît an einem wîbe:

      der herze ist ganzer tugende vol,

      Und ist sĂ´ geschaffen an ir lĂŽbe

      daz man ir gerne dienen sol.

      Ich erwirbe ein lachen wo! von ir.

      des muoz sie gestaten mir:

      wie mac si ez behĂĽeten,

      ich en fröwe mich nâch ir güeten.

      3

      Als ich under wîlen zir gesitze,

      sô si mich mit ir reden lât,

      SĂ´ benimt si mir so gar die witze,

      daz mir der lîp alumme gât.

      Swenne ich iezuo wunder rede kan,

      gesihet si mich einest an,

      sô. hân ich es vergezzen,

      waz wolde ich dar gesezzen.

       

       

      Seufzer

      1

      Herr Gott, halt von mir ab die Sorgen

      auf dass ich ganz erfĂĽllt leben kann.

      Gibt es wohl jemanden, der LebensglĂĽck verborgt?

      Ich wĂĽrde ihn wohl auch mal in meines einweihen.

      Denn ich habe eine Quelle, und ich weiĂź noch wo,

      da ließ ich einst zurück, was mir nie völlig verloren geht -

      dafĂĽr hab ich ein GespĂĽr.

      2

      Meine ganze Freude lebt in einer Frau:

      ihr Herz voll  von „Tugend“

      ihr Leib, so makellos, dass 

      ihr jedermann bereitwillig diente.

      Ihr Lachen ist mein schönster Lohn

      den wird sie mir doch wohl gönnen

      denn verhindern kann sie ohnehin nicht

      wie ich mich erfreue an ihrem Wesen.

      3

      Sobald ich mal neben ihr sitzen darf

      um mit ihr zu sprechen

      gerate ich völlig außer Fassung

      und alles geht drunter und drĂĽber.

      Kaum dass ich mir die Worte zurechtgelegt habe

      genĂĽgt ein einziger Blick von ihr

      und ich hab alles vergessen

      was ich ihr beim Hinsetzen eigentlich sagen wollte.

                                                                   Adaption: Erich Adler ©

          2.

      1

      Maneger frâget waz ich klage        

      unde giht des einen daz ez iht von herzen gĂŞ.

      Der verliuset sîne tage,

      wand im wart von rehter liebe weder wol noch wĂŞ.

      Des ist sîn geloube kranc.

      swer gedachte

      waz diu minne brachte,

      der vertrüege mînen sanc.

      2

      Minne ist ein gemeinez wort               

      und doch ungemeine mit den werken, dĂŞst alsĂ´.

      Minne ist aller tugende ein hort,

      âne minne wirdet niemer herze rehte frô.

      Sît ich den gelouben hân:

      frouwe Minne,

      fröit ouch mir die sinne.

      mich müet, sol mîn trôst zergân.

      3

      MĂ®n gedinge ist, der ich bin              

      holt mit rehten triuwen, dazs ouch mir daz selbe sĂ®.

      Triuget dar an mich mîn sin,

      sô ist mînem wâne leider lützel fröiden bî.

      Neinâ hêrre! sist sô guot:

      swenne ir gĂĽete

      erkennet mîn gemüete,

      daz ai mir daz beste tuot.

      4

      Wiste si den willen mîn,

      liebes unde guotes des wurd ich von ir gewert.

      Wie möht aber daz nu sîn,

      sît man valscher minne mit sô süezen Worten gert?

      Daz ein wîp niht wizzen mac

      wer si meine,

      disiu nĂ´t alleine

      tuot mir manegen swaeren tac.

      5

      Der diu wîp alrêrst betrouc

      der hat beide an mannen und an wîben missevarn.

      In weiz waz diu liebe touc,

      sît sich friunt gein friunde niht vor valache kan bewarn.

      Frowe, daz ir saelic sît!

      lât mit hulden

      mich den gruoz verschulden,

      der an friundes herzen lît.

       

       

      Was Liebe vermag

      1

      So mancher fragt sich, was ich klage

      und meint, dass es nicht von Herzen kommt.

      Reine Zeitverschwendung!

      Noch unbeleckt von Lust und Leid echter Liebe

      kränkelt sein Verständnis.

      Wer aber ernsthaft bedacht hat

      wozu Liebe in der Lage ist

      der akzeptiert auch meine Kunst (mein Lied).

      2

      „Minne“ – das Wort kennt doch jeder

      aber Taten folgen lassen, daran scheitert es – das ist Fakt.

      Liebe bietet allen Tugenden einen Raum

      und ohne Liebe wird niemandes Herz richtig froh.

      Davon bin ich ĂĽberzeugt:

      Liebe, Herrin (lasst es nicht nur ein Wort sein)

      und auch mir wird leicht ums Herz.

      Ich leide, wenn ich darin enttäuscht werde.

      3

      Zuversichtlich bin ich, dass auch sie

      meine echte Herzenstiefe spĂĽrt und erwidert.

      Wenn ich mich da irren sollte

      findet meine Erwartung wenig Grund zur Freude.

      Herr im Himmel, hilf doch

      dass ihr Sinn

      meine Gesinnung erkennt

      und sie mir in allem gut ist.

      4

      Wenn sie wĂĽsste, wie es um mich steht

      hätte ich wohl Liebes und Gutes zu erwarten.

      Aber wie kann das wohl eintreten

      seit es ĂĽblich wird, die Liebe unaufrichtig sĂĽĂź verpackt zu umschmeicheln?

      Ach, dass eine Frau im Ungewissen bleiben muss

      wer es ehrlich mit dem Liebesgesang meint

      das macht mir so manchen Tag beschwerlich.

      5.

      Wer als Erster den Frauen was vorgemacht hat

      der hat Männer und Frauen gleichermaßen betrogen.

      Ich weiĂź nicht, was die Liebe noch taugen soll

      wenn Freunde sich einander nicht vor Untreue bewahren können.

      Herrin, ich wĂĽnsche euch alles GlĂĽck (der Welt)!

      Seid gnädig mit mir

      dass sich der Dank einstellen kann

      dessen ganzes Herz davon erfĂĽllt sein wird

                                                                                       Adaption  Erich Adler ©

 

            3.

      In dem done  Ich wirbe umb allezdaz ein man

        (Walther:)

      1

      Ein man verbiutet âne pfliht

      in spil, des im doch nieman wol gefolgen mac.

      er sprichet, swenne ein wîp ersiht

      sîn ouge, daz si sî sîn ôsterlicher tac.

      Wie waere uns andern liuten sĂ´ geschehen,

      suln wir im alle sînes willen jehen ?

      ich bin derz im versprechen muoz:

      bezzer waere mîner frowen senfter gruoz:

      deist mates buoz!

       

        (Reinmars Dame.)

      2

      „Ich bin ein wĂ®p dâ her gewesen             

      sĂ´ staete an eren und ouch alsĂ´ wol gemuot.

      ich trûwe ouch noch vil wol genesen,

      daz mir mit steine nieman keinen schaden tuot.

      Swer kĂĽssen hie ze mir gewinnen wil,

      werbe aber ez mit fuoge und anderm spil.

      ist daz ez im wirt ê iesâ,

      er muoz sît iemer sîn mîn diep, und habe imz dâ

      und anderswâ“.

       

       

      Schach dem Reinmar

      (nach der Melodie: Ich wirbe umb allez daz ein man)

      1

      Ein Mann versteigt sich ohne Notwendigkeit

      zu einer Spielweise , dass ihm niemand mehr folgen mag.

      Er behauptet: Wenn nur sein Auge schon

      auf seine Dame fällt, sei das wie eine neue Lebenschance durch Ostern.

      Was würde wohl mit uns weniger „Berufenen“ geschehen

      wenn wir alle so empfänden wir er?

      Ich fühl mich genötigt ihm zu widersprechen:

      Mir wäre doch lieber, die Frau würde mich wenigstens zärtlich grüßen.

      Das wäre eine Abwehr des (tödlichen) Schachmatts.

       

      2

      „Ich habe mich bisher verhalten wie eine Frau

      erwartet anständig - bei  hohem Einsatz.

      Ich trau mir auch kĂĽnftig genug Courage zu

      dass mir niemand mit seinen Spielsteinen Niederlagen zufĂĽgt.

      Wer auch immer von mir einen Kuss als Preis haben will

      der erwerbe ihn sich durch Geschick und andere Spieltaktik.

      Erhält er ihn aber vorschnell (durch Überrumpelung)

      betrachtete ich ihn auf immer als Dieb, und er ist mir dafĂĽr verantwortlich,

      nicht nur hier und jetzt.“  

 

 

     

           

          4.

       

      Ich saz ûf eime steine

      und dahte bein mit beine.

      darûf satzt ich den ellenbogen.

      ich hete in mine hant gesmogen

      daz kinne und ein min wange.

      dô dâhte ich mir vil ange,

      wie man zer weite solte leben.

      deheinen rât kond ich gegeben,

      wie man driu dinc erwĂĽrbe,

      der keinez niht verdĂĽrbe.

      diu zwei sint ĂŞre und varnde guot,

      daz dicke ein ander schaden tuot:

      daz dritte ist gotes hulde,

      der zweier ĂĽbergulde.

      die wolte ich gerne in einen schrîn:

      jâ leider des mac niht gesîn,

      daz guot und weltlich ĂŞre

      und gotes hulde mĂŞre

      zesamene in ein herze körnen.

      stîg unde wege sint in benomen:

      untriuwe ist in der sâze,

      gewalt vert ûf der strâze,

      fride unde reht sint sĂŞre wunt.

      diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden ĂŞ gesunt.

       

       

      Nachdenkliches ĂĽber Gott und die Welt 

       

      Ich hatte mich auf einen Stein gesetzt

      die Beine ĂĽbereinander geschlagen

      meinen Ellenbogen als StĂĽtze genutzt und

      in meine Hand gelegt

      das Kinn und eine meiner Wangen.

      Ich dachte sehr intensiv darĂĽber nach

      wie man auf der Welt vernünftig leben könnte.

      Ratlos war ich allerdings

      wo es darum ging, dreierlei Dinge zusammenzubringen

      ohne dass eines dabei zu Schaden käme.

      Zwei davon sind ein guter Ruf  und materieller Besitz

      die sich oft in die Quere kommen

      dazu als drittes das Geschenk der Gnade Gottes

      das die beiden anderen in den Schatten stellt.

      Die hätte ich allesamt gerne gebündelt zusammen.

      Aussichtslos! Das wird nie gelingen

      dass Besitz und Hochachtung der Menschen und

      obendrein noch Gottes Wohlwollen

      dass so widersprĂĽchliche Dinge Platz in nur einem Herzen haben

      Adern und Bahnen sind verschlossen

      fehlende Treue lauert bereits auf die passende Gelegenheit

      brutale Gewalt – wohin man sich auch bewegt

      Friedenbereitschaft und Rechtslage sind schwer verwundet,

      Aber solange diesen beiden niemand zu Hilfe kommt

      bleibt der Zusammenschluss der genannten Dinge reine Illusion.

                                                                                                                     Adaption: Erich Adler ©

       

          5.

      Ich horte ein wazzer diezen

      und sach die vische fliezen,

      ich sach swaz in der welte was,

      velt walt loup ror unde gras.

      swaz kriuchet unde fliuget

      und bein zer erde biuget,

      daz sach ich, unde sage iu daz:

      der keinez lebet ane haz.

      daz wilt und daz gewĂĽrme

      die stritent starke stĂĽrme,

      sam tuont die vogel under in;

      wan daz si habent einen sin;

      si duhten sich ze nihte,

      si enschĂĽefen starc gerihte.

      si kiesent kĂĽnege unde reht,

      si setzent herren unde kneht.

      so we dir, tiuschiu zunge,

      wie stet din ordenunge!

      daz nu diu mugge ir kĂĽnec hat,

      und daz dm ere also zergät.

      bekera dich, bekere.

      die cirkel sint ze here,

      die armen kĂĽnege dringent dich:

      Philippe setze den weisen uf, und heiz si treten hinder sich.

       

       

      Ich schau in den Fluss

       

      Am Fluss das vorbeirauschende Wasser

      und die Fische darin schnellen vorĂĽber

      mein Tagtraum nimmt die Welt in den Blick

      Feld, Wald, Laub, Rohr und Gras

      was kriecht und was fliegt

      was die FĂĽĂźe auf den Boden setzt

      all das sah ich und euch sei es gesagt:

      Nichts lebt ohne Hass.

      Wilde Tiere und  kriechende

      in heftigem Kampf

      und ebenso die Vogelwelt

      die sich nur in einem Punkt einig ist:

      Sie weiĂź um ihre Bedeutungslosigkeit

      ohne eine klare Rechtsordnung.

      Deshalb schafft sie sich Könige und Gesetze

      Herrschende und Beherrschte.

      Schlimm, wer sich im Deutschen zu Hause fĂĽhlt -

      Werft einen Blick auf die politische Landschaft hier!

      Jetzt hat schon die Mücke ihren König

      und dein Ansehen geht den Bach herunter!

      Dreh dich um, auf der Stelle

      die  vielen Krönchen werden zur Gefahr fĂĽr dich

      die armen GernegroĂźe haben es auf dich abgesehen.

      Philipp, setzt dir deine Kaiserkrone auf

      Und zeig den machthungrigen Vasallen, wo sie hingehören.  

                                                                                                       Adaption.: Erich Adler ©

       

          6.

      Uns hat der winter geschât über al:

      heide unde walt sint beide nĂ» val,

      dâ manic stimme vil suoze inne hal.

      saehe ich die megde an der strâze den bal

      werfen: sĂ´ kaeme uns der vogele schal.

       

      Möhte ich verslâfen des winters zît!

      wache ich die wîle, so hân ich sîn nît,

      daz sîn gewalt ist sô breit und sô wît.

      weiz got er lât ouch dem meien den strît!

      sô lise ich bluomen dâ rîfe nû lît.

       

      Uns hat der Winter – wohin man schaut - schwer zugesetzt

      Heide und Wald haben beide ihren Farbton eingebĂĽĂźt

      Einst boten sie Raum fĂĽr so manch liebliche Vogelstimme

      Ach sähe ich auf der Straße doch erst wieder Mädchen beim Ballspiel!

      Ganz von selbst stellte sich dann auch wieder der Gesang ein

       

      Den Winter – ich möchte ihn nur noch verschlafen!

      Es ist ja ohnehin nichts anderes als Hass, der mich wach hält

      Zu weit ist seine Macht, zu stark seine Gewalt

      Doch  - so Gott will – eines Tages gewinnt der Mai erneut den Zweikampf  

      Und ich pflück Blumen, die jetzt noch unterm Raureif dämmern.

                                                                                                              Adaption: Erich Adler ©

       

            7.  

      Diu krĂ´ne ist elter danne der kĂĽnec Philippes sĂ®:

      dâ mugent ir alle schouwen wol ein wunder bî,

      wies ime der smit sĂ´ ebene habe gemachet.

      Sîn keiserlîchez houbet zimt ir alsô wol,

      daz si ze rehte nieman guoter scheiden sol:

      ir dewederz dâ daz ander niht enswachet.

      Si lachent beide ein ander an,

      daz edel gesteine wider den jungen sĂĽezen man:

      die ougenweide sehent die fĂĽrsten gerne.

      swer nĂ» des riches irre gĂŞ,

      der schouwe wem der weise ob sîme nacke stê:

      der stein ist aller fĂĽrsten leitesterne.

       

       

      Die Krone ist deutlich älter als der König Philippus

      Da fallen euch die Augen aus ĂĽber dies Wunder

      Wie dem Goldschmied das so passend gelungen ist.

      Sein kaiserliches Haupt scheint dafĂĽr wie geschaffen.

      Niemand kann sie ihm so recht streitig machen.

      Beide gehören zueinander wie gottgefällige Geschwister

      Die sich lachend anschauen

      Eine Augenweide fĂĽr die Edlen

      Und wer da noch weiter nach dem König sucht

      Der soll schauen , wer die Krone auf dem Kopf trägt

      Ihr Stein wird  zur Orientierung fĂĽr alle FĂĽrsten.

                                                                                              Adaption: Erich Adler ©

       

            8.

      Der in den oren siech von ungesĂĽhte sĂ®,

      daz ist mîn rât, der lâz den hof ze Dürengen frî:

      wan kumet er dar, dêswâr er wirt ertoeret.

      Ich hân gedrungen unz ich niht mê dringen mac:

      ein schar vert ûz, diu ander in, naht unde tac;

      grôz wunder ist daz iemen dâ gehoeret.

      Der lantgrâve ist sô gemuot,

      daz er mit stolzen helden sîne habe vertuot,

      der iegeslîcher wol ein kenpfe waere.

      Mir ist sîn hôhiu fuore kunt:

      und gulte ein fuoder guotes wînes tûsent pfunt,

      dâ stüende ouch niemer ritters becher laere.

       

      Wer es schon an den Ohren hat

      der – den Rat geb ich hier – mache einen Bogen um den Thüringer Hof

      denn wenn er dahin kommt, wird er völlig schwerhörig.

      Ich hab meine Erfahrungen dort gemacht – das reicht ein für allemal:

      Die einen kommen, die anderen gehen – und das Tag und Nacht.

      Man wundert sich, dass da überhaupt noch jemand Hörvermögen hat.

      Der Landgraf hat ein GemĂĽt

      dass er mit stolzen Kämpfern seinen Besitz durchbringt

      Jeder von ihnen könnte auch problemlos als Berufskämpfer leben.

      Mir ist sein spendabler Lebensstil hinlänglich bekannt:

      Selbst wenn eine Fuhre guter Wein tausend Pfund  kosten wĂĽrde

      stĂĽnde keines Ritters Becher jemals leer.

                                                                                                             Adaption: Erich Adler ©                 

       

                                91

      Daz ich dich so selten grĂĽeze,

      frowe deist an alle mine missetat.

      Ich will daz wol zĂĽrnen mĂĽeze

      Liep mit liebe, swa’z von friundes herzen gat.

      Niene trure du, wie fro?

      Sanfte zĂĽrnen, sere sĂĽenen, dies der minne reht, diu herzeliebe will also.

       

      2

      In gesach nie tage slichen        

      so die mine tuont. ich warte in allez nach.

      Wesse ich war si wolten strichen!

      mich nimt iemer wunder wes in si so gach.

      Si mugen von mir komen zuo deme

      der ir niht so schone pfligt als ich: so lazen denne schinen, ob sie wizen weme.

      3

      Du solt eine rede vermiden,

      frowe, daz gezimt den dinen gĂĽeten wol.

      Spraechestuz, ich woldez niden,

      daz die argen sprechent, da man lonen sol:

      „Het er saelde, ich taete im guot."

      er ist selbe unsaelic, der daz gerne sprichet unde niemer diu geliche tuot.

       

       

      Bitte um Verständnis

      Dass ich mich so selten bei dir melde,

      „frowe“, das geschieht ganz ohne böse Absicht.

      Ich meine, dass verärgert sein dürfen

      Liebende, sofern dabei Zuneigung ĂĽberwiegt.

      Du, sei nicht traurig, sei (auch) froh!

      Sanfter Ärger, wilde Versöhnung, das gehört mit zur Minne; ihr Wesen will das so.

      2

      Nie sah ich die Tage so (rasch) verstreichen

      wie bei mir. Ich schau ihnen hinterher.

      Wenn ich nur wĂĽsste, wohin sie entweichen.

      Immer muss ich staunen, warum sie so in Eile.

      Von mir wollen sie fortziehen, hin zu jemandem

      der sie nicht wie ich umsorgt, so schön: Drum lass uns schaun, auf wen sie verweisen.

       3

      Einen Vorwurf musst du dir verkneifen,

      Herrin, das entspricht deiner freundlichen Wesensart.

      Sagtest du’s dennoch -  ich fände es gehässig -

      was die Böswilligen sagen, anstatt zu belohnen:

      „Hätte er Resonanz, dann bekäm er meine Anerkennung.“

      Der ist aber selber wirkungslos, der solchen Worten niemals Taten folgen lässt.

                                                                                                                                                                                                           Adaption Erich Adler ©

          10.

          1

      Saget mir ieman, waz ist minne? 

      weiz ich des ein teil, sĂ´o wist ichs gerne mĂŞ.

      Der sich baz denn ich versinne,               

      der berihte mich durch waz si tuot sĂ´ wĂŞ.

      Minne ist minne, tuot si wol.

      tuot si wĂŞ, so enheizet si niht rehte minne, sus enweiz ich wie si danne heizen sol.

          2

      Obe ich rehte râten kĂĽnne         

      waz diu minne sî, sô sprechet denne jâ.

      Minne ist zweier herzen wĂĽnne,

      teilent si gelîche, sost diu minne dâ.

      Sol ab ungeteilet sîn,

      sô enkans ein herze alleine niht enthalten; ouwê woldest du mir helfen, frouwe mîn!

          3

      Frowe, ich trage ein teil ze swaere,

      wellest du mir helfen, sĂ´ hilf an der zĂ®t.            

      SĂ® abe ich dir gar unmaere,

      daz sprich endelîche, sô lâz ich den strît,

      Unde wirde ein ledic man.

      dĂ» solt aber einez rehte wizzen, daz dich lĂĽtzel ieman baz danne ich geloben kan.

          4

      Kan mĂ®n frouwe sĂĽeze siuren ?     

      waenet si daz ich ir liep gebe umbe leit ?            

      Sol ich si dar umbe tiuren

      daz siz wider kêre an mîne unwerdekeit ?

      SĂ´ kund ich unrehte spehen.

      wê waz sprich ich ôrenlôser ougen âne ? den diu minne blendet, wie mac der gesehen ?

       

       

      Liebe – lasst es mich wissen

          1.

      Wer sagt mir mal, was das ist -  Liebe?

      Zwar kenn ich einen Teil davon, aber ich wĂĽsste schon gerne mehr.

      Wer sie besser als ich durchschaut hat

      der erklärt mir vielleicht mal, warum sie so wehtun kann.

      Minne macht Sinn, wenn sie gut tut.

      Tut sie jedoch weh, dann hat sie den Namen nicht verdient; doch wie man den Zustand dann nennen soll,                                                                                                                                            weiĂź ich auch nicht.

          2.

      Schätze ich es richtig ein

      was die Liebe ausmacht, dann stimmt mir jetzt zu:

      „Minne“ ist zweier Herzen Wonne.

      Gleich zu gleich geteilt – und schon ist die Liebe da.

      Aber ganz ohne Verzicht 

      kann ein Herz allein nicht die Liebe gestalten;  o weh, kämst du mir doch zu Hilfe, meine Herrin! 

          3.

      „Frouwe“, meine Last wird mir zu schwer.

      Willst du mir helfen, so hilf rechtzeitig.

      Wenn ich dir aber gar nichts bedeute

      dann sag es mir doch endlich;  ich lass den Wettstreit  Wettstreit sein

      und werde wieder ein freier Mann.

      Doch das mach dir bitte klar : Kaum jemand kann dich nur annähernd so besingen wie ich.

          4.

      Kann meine Herrin das SĂĽĂźe versauern lassen?

      Meint sie denn, dass ich Liebe gern vertausche gegen Leiden?

      Soll ich sie etwa nur aufwerten

      damit sie mir meine Wertlosigkeit besser bescheinigen kann?

      Dann habe ich mich wohl verkuckt!  - - -

      Ach Unfug eines Tauben und Blinden! Wen die Liebe geblendet hat, was kann der schon  erkennen?

                                            

                                             Adaption Erich Adler ©

                                         11.

        1

      Bin ich dir unmaere,

      des enweiz ich niht: ich minne dich.

      Einez ist mir swaere:

      dĂ» sihst bĂ® mir hin und ĂĽber mich.

      Daz solt dû vermîden.

      ine mac niht erlîden

      selhe liebe ân grôzen schaden.

      hilf mir tragen, ich bin ze vil geladen.

        2

      Sol daz sîn dîn huote,

      daz dîn ouge mich sô selten siht?

      Tuost dĂ» daz ze guote,

      sône wîze ich dir dar umbe niht.

      Sô mît mir daz houbet

      — daz sî dir erloubet —

      und sich nider an mînen fuoz,

      sô dû baz enmügest: daz sî dîn gruoz.

          3

      Swanne ichs alle schouwe,

      die mir suln von schulden wol behagen,

      Sô bist duz mîn frouwe:

      daz mac ich wol âne rüemen sagen.

      Edel unde riîhe

      sint si sumelîche,

      dar zuo tragent si hĂ´hen muot:

      lîhte sint si bezzer, dû bist guot.

          4

      Vrouwe, dĂ» versinne

      dich ob ich dir z’ihte maere sî.

      Eines friundes minne

      diust niht guot, da ensĂ® ein ander bĂ®.

      Minne entouc niht eine,

      si sol sîn gemeine,

      sĂ´ gemeine daz si gĂŞ

      dur zwei herze und dur dekeinez mĂŞ.

       

       

          1

      Ich weiĂź nicht, ob ich dir zuwider bin;

      Ich weiĂź nur, dass ich dich liebe.

      Eines macht mir Kummer:

      Du schaust mich an und durch mich hindurch.

      Das musst du mir nicht antun

      So etwas kann ich kaum ertragen

      Ohne dass mein Liebe schwer Schaden nimmt.

      Mach es mir leichter, die Last wird mir zu groĂź.

          2

      Willst du dich vor den Leuten schĂĽtzen,

      dass dein Auge so selten zu mir hinschaut?

      Tust du das nur aus dem Grund

      Dann nehme ich es dir nicht weiter ĂĽbel.

      Ja ich erlaube es dir sogar

      mich nicht direkt anzuschauen

      Sondern den Blick vor meine FĂĽĂźe zu senken

      Mit dem Hinweis gebe ich mich gern zufrieden,

      wenn du nicht mehr riskieren darfst.

            3

      Wenn ich alle so um mich anschaue

      Die mir eigentlich Respekt einflößen müssten

      So wird mir bewusst: Nur dir bin ich untergeben

      Das kann ich wohl ohne Ăśbertreibung sagen:

      Vornehm und reich sind sie wohl allesamt

      Und obendrein besitzen sie auch, was man „ Ausstrahlung “ nennt

      Sie gehören auch wohl zur besseren Gesellschaft; du allein aber bist die Beste.

          4

      „Vrouwe“, frag dich doch

      Ob ich dir nicht irgendwas bedeute.

      Einseitige Liebe tut nicht gut,

      Da muss die andere Seite dazukommen

      „Minne“ taugt nichts, wenn sie unerwidert bleibt.

      Sie muss sich gemeinsam entfalten

      In beiden Herzen, und nicht gestört durch ein anderes. 

                                                                                                     Adaption Erich Adler ©

       

          12.

      In einem zwiîvellîchen wân

      was ich gesezzen und gedâhte,

      Ich wolte von ir dienste gân;

      wan daz ein trôst mich wider brâhte.

      TrĂ´st mag ez rehte niht geheizen, owĂŞ des!

      ez ist vil kûme ein kleinez troestelîn,

      sô kleine, swenne ichz iu gesage, ir spottet mîn.

      doch fröut sich lützel ieman, er enwizze wes.

       

      Mich hât ein halm gemachet frô

      er giht, ich sül genâde vinden.

      Ich maz daz selbe kleine strĂ´,

      als ich hie vor gesach von kinden.

      NĂ» hoeret unde merket ob siz denne tuo:

      >si tuot, si entuot, si tuot, si entuot, si tuot!<

      swie dicke ichz alsĂ´ maz, so was daz ende ie guot.

      daz troestet mich: dâ hoeret ouch geloube zuo.

       

      Voller Zweifel und Ungewissheit

      SaĂź ich da, gedankenverloren.

      Ich wollte mich schon von ihr losreiĂźen

      LieĂź jedoch  ein FĂĽnkchen Trost noch unverlöscht

      Aber im Grunde  konnte von Trost keine Rede sein

      So winzig – ihr würdet spöttisch ins Lachen geraten

      Nicht zu rasch!  SchlieĂźlich freut sich niemand ohne Anlass

       

      Der war fĂĽr mich ein kleiner Halm

      Der teilte mir mit. Sie bleibt mir gut

      Dies kleine Hälmchen teilt ich ein

      Wie man es wohl bei Kindern sieht

      Hört her und schaut mir zu, ob ich mich in ihr irre

      >Sie liebt mich, sie liebt mich nicht, liebt mich, liebt mich nicht, sie liebt mich.<

      Sooft ich Halme so geprüft hab – immer ging es gut aus

      Darin finde ich Trost –  zugestanden: Etwas Kinderglaube gehört dazu.

                                                                               Adaption: Erich Adler ©

          13.

      Mir ist verspart der saelden tor:

      dâ stên ich als ein weise vor:

      mich hilfet niht swaz ich dar an geklopfe.

      Wie möht ein wunder groezer sîn:

      ez regent bêdenthalben mîn,

      daz mir des alles niht enwirt ein tropfe.

      Des fürsten milte ûz Österîche

      fröit dem süezen regen gelîche

      beidiu liute unt ouch daz lant.

      ez ist ein schoene wol gezieret heide,

      dar abe man bluomen brichet wunder.

      braeche mir ein blat dar under

      sîn vil milte rîchu hant,

      sô möhte ich loben die lichten ougenweide.

      hie bîst sî er an mich gemant.

       

      Versperrt ist mir das Tor zum Heil

      ich steh hier wie ein Waisenkind

      vergeblich auch, wĂĽrd ich dran klopfen.

      Könnt doch das Wunder größer sein:

      Von beiden Seiten stĂĽrzt der Regen

      jedoch auf mich fällt nicht ein Tropfen.

      Aus Ă–sterreich des FĂĽrsten Herz

      freigebig wie der sĂĽĂźe Regen

      erfreut die Leute und das Land -

      die fein gezierte schöne Heide

      verführt zum schönen Blumenbrechen:

      Ach bräch davon auch nur ein Blatt

      gelöst durch seine milde Hand

      so könnt mein Auge diese Pracht ausloben.

      Sich meiner zu erinnern wird nun langsam Zeit.

                                                                                         Adaption: Erich Adler ©

       

            14.

      Ich hân min lehen, al die werlt, ich hân min lêhen.

      nĂ» entfĂĽrhte ich niht den hornunc an die zĂŞhen,

      und wil alle bæse hêrren dester minre flêhen.

      Der edel künec, der milte künec hât mich beraten,

       daz ich den sumer luft und in dem winter hitze hân.

      mîn nâhgebûren dûnke ich verre baz getân:

      sie sehent mich niht mêr an in butzen wîs als sî wîlent tâten.

      Ich bin ze lange arm gewesen ân mînen danc.

      ich was sô voller scheltens dâz mîn âten stanc:

      daz hât der künec gemachet reine, und dar zuo miîen sanc.

       

 

      Ich hab meine Burg  - in die Welt geschrien:  Ich hab mein Lehen.

      Nun habe ich keine Furcht mehr vor FrĂĽhlingsfrost an den FĂĽĂźen

      Und vor  Geizhälsen muss ich auch nicht mehr winseln

      Denn der edle König hat sich als Mann mit Herz erwiesen

      So habe ich nun im Sommer Kühlung und im Winter Wärme.

      Und endlich  bin ich auch wer in den Augen meiner Nachbarn

      FĂĽr die ich bisher - unĂĽbersehbar - nur ein Penner war.

      Ich bin schon viel zu lange schuldlos arm gewesen.

      Ich hatte die Schnauze voll – man konnte es sogar riechen.

      Aber der König hat es geschafft:

      Alles ist nun reine Vergangenheit und mein Gesang ist wieder genieĂźbar.                                                                                                                               

                                                                                                             Adaption: Erich Adler ©

       

            15.

      Ich hân hêrn Otten triuwe, er welle mich noch rîehen:

      wie nam abe er mîn dienest ie sô trügelîchen?

      ald waz bestêt ze lône des den künic Friderîchen?

      Mîn vorderunge ist ûf in kleiner danne ein bne,

      ezn sĂ® sĂ´ vil, obe er der alten SprĂĽche waere frĂ´.

      ein vater lêrte wîlent sînen sun alsô,

      >sun, diene manne bcestem, daz dir manne beste lĂ´ne<.

      Hêr Otte, ich binz der sun, ir sît der boeste man,

      wand ich sĂ´ rehte boesen hĂŞrren nie gewan:

      her kênec, sît irz der beste, sît iu got des lônes gan.

       

      Ich hab Herrn Ottos Zusagen, er werde mich noch reich machen.

      Wie kann er aber meine Dienste annehmen und mich so ĂĽbers Ohr hauen?

      Oder warum fühlt sich König Friedrich verpflichtet mich zu entlohnen?

      Meine Forderungen ihm gegenĂĽber sind nicht die Bohne wert.

      Allenfalls, wenn er Freude an Sprichwörtern hat.

      Da gab ein Vater seinem Sprössling mal folgenden Tipp:

      „Sohn, diene dem schlechtesten der Männer, auf dass dich der beste entlohne.“

      Herr Otto, der Sohn bin ich, und ihr seid der erste der Männer

      Denn einen derart scheuĂźlichen Herrn habe ich bisher noch nicht genossen:

      Herr König, seid mir der Beste, ihr habt – Dank Gott – das Zeug dazu.

                                                                                                                 Adaption: Erich Adler ©

             16.

      Man hôhgemâc, an friunden kranc,

      daz ist ein swacher habedanc:

      baz gehilfet friuntschaft âne sippe.

      lâ einen sîn geborn von küneges rippe,

      er enhabe friunt, waz hilfet daz?

      mâgschaft ist ein selbwahsen êre:

      sĂ´ muoz man friunde verdienen sĂŞre.

      mâc hilfet wol, friunt verre baz.

        

      Ein Mann, gesegnet mit Blutsverwandten, aber krank an Freunden –

      Da braucht man nicht viel Worte um Dankbarkeit zu machen.

      Größere Hilfe als in Verwandten hat man in Freunden.

      Lass einen ruhig abstammen aus königlicher Seitenlinie –

      Wenn er keine echten Freunde hat, was nutzt ihm das?

      Blutsverwandtschaft ist eine mĂĽhelos vorgefundene Ehre:

      Um Freundschaft muss man sich selbst bemĂĽhen.

      Ein Verwandter ist hilfreich, ein Freund viel wertvoller.

                                                                                                   Adaption: Erich Adler ©

       

              17.

      Owe wie jaemerliche                    junge liute tuont,

      den e vil hovelichen                         ir gemĂĽete stuont!

      die kunnen niuwan sorgen:              owe wie tuont si so?

      swar ich zer werlte kere,                da ist nieman frö:

      tanzen, lachen, singen                     zergat mit sorgen gar:

      nie kristenman gesaehe                   so jämerliche schar.

      nu merket wie den frouwen             ir gebende stat;

      die stolzen ritter tragent               dörpelliche wat.

      uns sint unsenfte brieve                 her von Rome komen,

      uns ist erloubet truren                   und fröide gar benomen.

      daz mĂĽet mich innecllchen                (wir lebten e vil wol),

      daz ich nu fĂĽr min lachen                weinen kiesen sol.

      die vogel in der wilde                      betrĂĽebet unser klage:

      waz wunders ist ob ich da von          an fröiden gar verzage?

      we waz spriche ich tumber              durch minen boesen zorn?

       

      O weh, wie nervig stellen sich heute die jungen Leute an

      Die vor gar nicht langer Zeit bester Laune waren

      können derzeit nur sorgenvoll dreinschauen. Woran liegt das bloß?

      Wohin ich mich wende und drehe, da macht keiner ein fröhliches Gesicht

      Tanzen, lachen, singen mĂĽnden ganz in Sorgen

       Niemals hat ein richtiger Christ eine so hoffnungsarme Gesellschaft gesehen

      Uns sind unschöne Nachrichten aus Rom zugegangen

      Danach ist uns Trauern erlaubt und Freude verboten

      Das macht mir innerlich schwer zu schaffen - ehemals ging ’s uns doch gut -

      Dass ich jetzt mein Lachen gegen Weinen eintauschen soll

      Die Vögel im Wald bekümmert unser Klagen:

      Verwundert es, wenn ich darĂĽber meine Lebensfreude verliere?

      Ach je, was gebe ich alter Narr von mir in meinem groben Zorn?

                                                                                                         Adaption: Erich Adler ©

       

              18.

      OwĂŞ war sint verswunden            allĂ®u minu jâr!

      ist mir mĂ®n leben getroumet,           oder ist ez war?

      daz ich ie wânde ez waere,              was daz aliez iht?

      dar nâch hân ich geslâfen               und enweiz es niht.

      nu bin ich erwachet,                      und ist mir unbekant

      daz mir hie vor was kĂĽndic              als min ander hant.

      liut unde lant, dar inn ich               von kinde bin erzogen,

      die sint mir worden frömde             reht als ez si gelogen.

      die mine gespilen wâren,                 die sint traege unt alt.

      bereitet ist daz velt,                     verhouwen ist der walt:

      wan daz daz wazzer fliuzet             als ez willent flĂ´z,

      fĂĽr war min ungelĂĽcke                     wânde ich wurde gröz.

      mich grĂĽezet maneger träge,            der mich bekande e wol.

      diu weit ist allenthalben                  ungenâden vol.

      als ich gedenke an manegen             wĂĽnneclichen tac,

      die mir sint enpfallen                     als in daz mer ein slac,

      iemer mere owe.

 

 

      O weh – wohin sind zerronnen – all meine Jahre!

      Hab ich alles nur geträumt – war es denn nicht Realität?

      Was ich in den Händen hielt  muss doch mehr als nichts gewesen sein?

      Sonst hab ich geschlafen – ohne es zu merken

      Nun die brutale Wirklichkeit  - ich ohne Orientierung, selbst in dem

      Was mir ehemals bekannt schien, so wie sich zwei Hände vertraut sind

      Land und Leute, die ich von Kindheit her kenne

      Sind mir fremd geworden  – da brauche ich mir nichts in  die Tasche zu lĂĽgen

      Meine Freunde  aus der Kindheit – nun schwerfällig und alt

      Unsere Verstecke : das Feld  zugebaut – der Wald gerodet

      Tröstlich allein: der Fluss wie ehedem unaufhaltsam und in Bewegung

      Anderenfalls wäre mein Leid unermesslich

      Gute Bekannte von frĂĽher heben kaum noch die Hand bei meinem Anblick

      Wohin ich auch schaue – alles strotzt voller Undank auf dieser Welt

      Und die Erinnerungen an manch wunderbaren Tag

      Lösen sich im Nu auf wie Ringe, die sich beim Schlag ins Wasser bilden

      O  – auf immer verloren!

                                                                                                   Adaption: Erich Adler©

     

                                                       Lyrikschadchens Walther – Versuche 2006/07  – PDF Druck fĂĽr Burgbesitzer

     

 

> Schadchens Eigene

> Werkstattarbeit