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Die Nacht im Gedicht
Die Nacht, die Nacht, die Laugen
Andreas Gryphius (1616 - 1664
Mitternacht.
SChrecken / und Stille / und dunckeles Grausen / finstere Kälte bedecket das Land
Itzt schläfft was Arbeit und Schmertzen ermüdet/diß sind der traurigen Einsamkeit Stunden.
Nunmehr ist / was durch die Lüffte sich reget / nunmehr sind Menschen und Thire verschwunden.
Ob zwar die immerdar schimmernde Lichter / der ewig schitternden Sternen entbrant!
Suchet ein fleissiger Sinn noch zu wachen? der durch Bemühung der künstlichen Hand /
Ihm / die auch nach uns ankommende Seelen / Ihm / die anitzt sich' hir finden verbunden?
Wetzet ein bluttiger Mörder die Klinge? wil er unschuldiger Hertzen verwunden?
Sorget ein Ehren-begehrend Gemütte / wie zu erlangen ein höherer Stand?
Sterbliche! Sterbliche! lasset diß dichten! Morgen! Ach Morgen Ach muß man hinzihn!
Ach wir verschwinden gleich als die Gespenste / die umb die Stund uns erscheinen und flihn.
Wenn uns die finstere Gruben bedecket / wird / was wir wündschen und suchen zu nichte.
Doch / wie der gläntzende Morgen eröffnet / was weder Monde noch Fackel bescheint:
So / wenn der plötzliche Tag wird anbrechen / wird was geredet gewürcket / gemeynt.
Sonder vermänteln eröffnet sich finden vor des erschrecklichen GOttes Gerichte.
Auff die letzte Nacht seines XXV. Jahrs.
den 11. Octobr. St. Gregor.
KOm Mitternacht und schleuß diß Thränen-reiche Jahr!
Die Schmertzen-volle Zeit / die mich so tiff verletzet /
Die dich / mein Bruder / hat in jenes Reich versetzet /
Vnd Schwester / deine Leich gestellet auff die Baar.
Die Zeit / die auff mich Angst / und grimmer Seuchen Schaar /
Vnd Trauren / und Verdruß und Schrecken hat verhetzet.
Wer hat noch neulich mich nicht schon vor todt geschätzet /
Da / als ich mir nicht mehr im Sichbett ähnlich war /
Wenn deine Treu' O GOtt mIch nicht mit Trost erquicket
Als so vil grause Noth den blöden Geist verstricket /
So wär ich gantz in Angst ertruncken und verschmacht.
HErr / dessen linde Faust wischt die bethränten Wangen /
Laß doch nach so vil Sturm mich linder' Zeit anfangen
Vnd heiß, die herben Jahr vergehn mit diser Nacht.
Joseph von Eichendorff ( 1788 – 1857)
Mondnacht
Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst.
Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.
Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.
Nachtlied (Joseph von Eichendorff)
Heinrich Heine (1797 - 1856)
Der Tod, das ist die kühle Nacht
Der Tod, das ist die kühle Nacht
Das Leben ist der schwüle Tag.
Es dunkelt schon, mich schläfert,
Der Tag hat mich müd gemacht.
Über mein Bett erhebt sich ein Baum,
Drin singt die junge Nachtigall;
Sie singt von lauter Liebe.
Ich hör es sogar ihm Traum.
Annette von Droste Hülshoff (1797 - 1848)
Im Moose
Als jüngst die Nacht dem sonnenmüden Land
Der Dämmerung leise Boten hat gesandt,
Da lag ich einsam noch in Waldes Moose.
Die dunklen Zweige nickten so vertraut,
An meiner Wange flüsterte das Kraut,
Unsichtbar duftete die Heiderose.
Und Flimmern sah ich durch der Linde Raum
Gleich einem mächt’gen Glühwurm schien zu tragen,
Es sah so dämmernd wie ein Traumgesicht,
Doch wusste ich, es war der Heimat Licht,
In meiner eignen Kammer angeschlagen.
Ringsum so still, dass ich vernahm im Laub
Der Raupe Nagen, und wie grüner Staub
Mich leise wirbeln Blätterflöckchen trafen.
Ich lag und dachte, ach, so manchem nach,
Ich hörte meines eignen Herzens Schlag,
Fast war es mir, als sei ich schon entschlafen.
Gedanken tauchten aus Gedanken auf,
Das Kinderspiel, der frischen Jahre Lauf,
Gesichter die mir lange fremd geworden;
Vergessne Töne summten um mein Ohr,
Und endlich trat die Gegenwart hervor,
Da stand die Welle, wie an Ufers Borden.
Dann, gleich dem Bronnen, der verrinnt im Schlund
Und drüber wieder sprudelt aus dem Grund,
So stand ich plötzlich in des Zukunft Lande;
Ich sah mich selber, gar gebückt und klein,
Geschwächten Auges, am ererbten Schrein
Sorgfältig ordnen staub’ge Liebespfande.
Die Bilder meiner Lieben sah ich klar,
In einer Tracht, die jetzt veraltet war,
Mich sorgsam lösen aus verblichnen Hüllen,
Löckchen, vermorscht, zu Staub zerfallen schien,
Sah über die gefurchte Wange mir
Langsam herab die karge Träne quillen.
Und wieder an des Friedhofs Monument,
Dran Namen standen, die mein Lieben kennt,
Da lag ich betend, mit gebrochnen Knieen,
Und - horch, die Wachtel schlug! Kühl frisch der Hauch -
Und noch zuletzt sah ich, gleich einem Rauch,
Mich leise in der Erde Poren ziehen.
Ich fuhr empor und schüttelte mich dann,
Wie einer, der dem Scheintod erst entrann
Und taumelte entlang die dunklen Hage,
Noch immer zweifelnd, ob der Stern am Rain
Sei wirklich meiner Schlummerlampe Schein
Oder das ew’ge Licht am Sarkophage.
Nikolaus Lenau (1802 -1850)
Bitte
Weil auf mir, du dunkles Auge,
Übe deine ganze Macht,
Ernste, milde träumerische
Unergründlich süße Nacht!
Nimm mit deinem Zauberdunkel
Diese Welt von hinnen mir,
Dass du über meinem Leben
Einsam schwebest für und für.
Eduard Möricke (1804 - 1874)
Um Mitternacht
Gelassen stieg die Nacht ans Land,
Lehnt träumend an der Berge Wand,
Ihr Auge sieht die goldne Waage nun
Der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn;
Und kecker rauschen die Quellen hervor,
Sie singen der Mutter der Nacht, ins Ohr
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.
Das uralt alte Schlummerleid,
Sie achtets nicht, sie ist es müd;
Ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch,
Der flüchtgen Stunden gleichgeschwungnes Joch.
Doch immer behalten die Quellen das Wort,
Es singen die Wasser im Schlafe noch fort
Vom Tage,
Vom heute gewesenen Tage.
Friedrich Hebbel (1813 – 1863)
Nachtlied
Quellende, schwellende Nacht,
Voll von Lichtern und Sternen:
In den ewigen Fernen,
Sage, was ist da erwacht!
Herz in der Brust wird beengt,
Steigendes, neigendes Leben,
Riesenhaft fühle ich’s weben,
Welches das meine verdrängt.
Schlaf, da nahst du dich leis
Wie dem Kinde die Amme,
Und um die dürftige Flamme
Ziehst du den schützenden Kreis.
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- Max Dauthendey (1867 - 1918)
Maimond
Maimond schwebt über dem Fluss
Und liegt mir glatt vor dem Fuß.
Das Wasser rückt nicht, von der Stelle
Und lugt nur hinauf in die Helle
Ich schau übers Flussbett hinüber -
Ein Lied schlägt die Brücke herüber
Es lacht eine Nachtigall
Eine Brücke aus Freude und Schall.
Es regt sieh der Nachtwind im Laub -
- Es fiel ein Gedanke zum Staub -
Maimond aus vergangenen Jahren
Liegt streichelnd auf alternden Haaren.
Maimond zog mich hin mit Verzücken
Sacht über die singenden Brücken,
Und jünger wurde mein Gang,
Solange die Nachtigall sang.
- Max Dauthendey (1867 - 1918)
O Grille, Sing
O Grille, sing,
Die Nacht ist lang.
Ich weiß nicht, ob ich leben darf
Bis an das End von deinem Sang.
Die Fenster stehen aufgemacht.
Ich weiß nicht, ob ich schauen darf
Bis an das End von dieser Nacht.
O Grille, sing, sing unbedacht,
Die Lust geht hin,
Und Leid erwacht.
Und Lust im Leid, -
Mehr bringt sie nicht, die lange Nacht.
Oskar Loerke (1884 -1941)
Nachtlied zum Himmel
Im blauen Nichts sind angebrannt
Ich hebe meine dunkle Hand
Die dunkle Hand zuckt auf und weicht
. . . Sie wollte spielen, eh es bleicht
(aus: Oskar Loerke, Wanderschaft, 1911)
Oskar Loerke (1884 . 1941)
Nachts
Es schlurrt ein Huf,
Es surrt ein Bolz,
Ein Lachen girrt,
Der Meeresregen singt
In Segeln und Tauen.
Doch nichts kommt an:
Nicht der Kentaur,
Des Pfeiles Holz,
Und nicht die Frauen,
Und nicht das Schiff –
Boten zu mir, Boten verirrt.
*
(aus: Oskar Loerke, Atem der Erde, 1930)
Max Herrmann-Neiße (1886 – 1941)
Eine Nacht
(Dem lieben Oskar Loerke in Herzlichkeit)
Nachstille. Nur der Wind spielt mit sich selber,
und Schatten haben viel Geheimes vor,
Verächtlich fällt ein Blick, ein herbstlich gelber,
aus der Laterne überm Gartentor.
Durch den wagt eine Katze sanft zu schreiten,
vorsichtig, daß dies Licht sie nicht betört:
das Geisterhafte könnte sie verleiten,
daß sie im Tanz sich selbst nicht mehr gehört
Ein welkes Blatt dreht auf der Erde trunken
sich um den eignen, sichren Totenschlaf.
Stumm schlägt ein Zorn aus den Gestirnen Funken.
Kein Bote meines Traums den Boten traf.
Mit Träumen der geliebten Unbekannten:
im Grab der Nächte liege ich wie blind
herznah, den unsichtbar, wie ich, Verbannten.
Urstille. Mit sich selbst nur spielt der Wind.
*
Max Herrmann-Neiße (1886 – 1941)
Nacht in der Emigration
Nachts bin ich ganz allein im Weltenraum,
fern allen Freunden, die mich längst vergaßen.
Die sieben Stock hoch über Londons Straßen
Verlocken leicht zu manchem Selbstmord-Traum.
Die Katze mir zu Füßen hat die Ruh
als ihr Gehäus. Die Frau an meiner Seite
schloß sich im Schlaf wie eine Blume zu,
ihr Atem nur gibt sanft mir das Geleite.
Da draußen sind die Sterne und der Mond
und werden unser Leben überdauern.
Nachtwandlerisch umschleicht mein Wunsch die Mauern,
dem Frieden fremd, der hinter ihnen wohnt.
Und alles Laute, die das Dunkel haucht,
verwandeln jäh sich in ein kurzes Schweigen.
Dann taumle ich benommen und verbraucht
Ins Frühlicht, dessen Züge blass sich zeigen.
*
vom April 1934 bis zum Frühjahr 1936 lebte Herrmann-Neiße mit seiner Frau Leni Herrmann
und einem Kater im siebten Stock eines Neubaus mit Blick auf den Hyde Park.
Georg Trakl (1887 - 1914)
Gesang zur Nacht
I.
Vom Schatten eines Hauchs geboren
Wir wandeln in Verlassenheit
Und sind im Ewigen verloren,
Gleich Opfern unwissend, wozu sie geweiht.
Gleich Bettlern ist uns nichts zu eigen,
Uns Toren am verschlossnen Tor.
Wie Blinde lauschen wir ins Schweigen,
In dem sich unser Flüstern verlor.
Wir sind die Wandrer ohne Ziele,
Die Wolken, die der Wind verweht,
Die Blumen, zitternd in Todeskühle,
Die warten, bis man sie niedermäht.
II
Dass sich die letzte Qual an mir erfülle,
Ich wehr’ euch nicht, ihr feindlich dunklen Mächte.
Ihr seid die Straße hin zur großen Stille,
Darauf wir schreiten in die kühlsten Nächte.
Es macht mich euer Atem lauter brennen,
Geduld! Der Stern verglüht, die Träume gleiten
In jene Reiche, die sich uns nicht nennen,
Und die wir traumlos dürfen nur beschreiten.
III
Du dunkle Nacht, du dunkles Herz,
Wer spiegelt eure heiligsten Gründe,
Und eurer Bosheit letzte Schlünde?
Die Maske starrt vor unserm Schmerz -
Vor unserm Schmerz, vor unsrer Lust
Der leeren Maske steinern Lachen,
Daran die irdnen Dinge brachen,
Und das uns selber nicht bewußt.
Und steht vor uns ein fremder Feind,
Der höhnt, worum wir sterbend ringen,
Daß trüber unsre Lieder klingen
Und dunkel bleibt, was in uns weilt.
IV
Du bist der Wein, der trunken macht,
Nun blut ich hin in süßen Tänzen
Und muss mein Leid mit Blumen kränzen!
So will's dein tiefster Sinn, o Nacht!
Ich bin die Harfe in deinem Schoß,
Nun ringt um meine letzten Schmerzen
Dein dunkles Lied in meinem Herzen
Und macht mich ewig, wesenlos.
V
Tiefe Ruh - o tiefe Ruh!
Keine fromme Glocke läutet,
Süße Schmerzensmutter du -
Deinen Frieden todgeweitet.
Schließ mit deinen kühlen, guten
Händen alle Wunden zu -
Dass nach innen sie verbluten -
Süße Schmerzensmutter - du!
VI
O lass mein Schweigen sein dein Lied!
Was soll des Armen Flüstern dir,
Der aus des Lebens Gärten schied?
Lass namenlos dich sein in mir -
Die traumlos in mir aufgebaut,
Wie eine Glocke ohne Ton,
Wie meiner Schmerzen süße Braut
Und meiner Schlafe trunkner Mohn.
VII
Blumen hörte ich sterben im Grund
Und der Bronnen trunkne Klage
Und ein Lied aus Glockenmund,
Nacht, und eine geflüsterte Frage;
Und ein Herz - o todeswund,
Jenseits seiner armen Tage.
VIII
Das Dunkel löschte mich schweigend aus,
Ich ward ein toter Schatten im Tag -
Da trat ich aus der Freude Haus
In die Nacht hinaus.
Nun wohnt ein Schweigen im Herzen mir,
Das fühlt nicht nach den öden Tag -
Und lächelt wie Dornen auf zu dir,
Nacht - für und für!
IX
O Nacht, du stummes Tor vor meinem Leid,
Verbluten sieh dies dunkle Wundenmal;
Und ganz geneigt den Taumelkelch der Qual!
O Nacht, ich bin bereit!
O Nacht, du Garten der Vergessenheit
Um meiner Armut weltverschloss'nen Glanz,
Das Weinlaub welkt, es welkt der Dornenkranz.
O komm, du hohe Zeit!
X
Es hat mein Dämon einst gelacht,
Da war ich ein Licht in schimmernden Gärten,
Und hatte Spiel und Tanz zu Gefährten
Und der Liebe Wein, der trunken macht
.
Es hat mein Dämon einst geweint.
Da war ich ein Licht in schmerzlichen Gärten
Und hatte die Demut zum Gefährten,
Deren Glanz der Armut Haus bescheint.
Doch nun mein Dämon nicht weint noch lacht,
Bin ich ein Schatten verlorener Gärten
Und habe zum todesdunklen Gefährten
Das Schweigen der leeren Mitternacht.
XI
Mein armes Lächeln, das um dich rang,
Mein schluchzendes Lied im Dunkel verklang.
Nun will mein Weg zu Ende gehn.
Lass treten mich in deinen Dom
Wie einst, ein Tor, einfältig, fromm,
Und stumm anbetend vor dir stehn.
XII
Du bist in tiefer Mitternacht
Ein totes Gestade an schweigendem Meer,
Ein totes Gestade: Nimmermehr!
Du bist in tiefer Mitternacht.
Du bist in tiefer Mitternacht
Der Himmel, in dem du als Stern geglüht,
Ein Himmel, aus dem kein Gott mehr blüht.
Du bist in tiefer Mitternacht.
Du bist in tiefer Mitternacht
Ein Unempfangner in süßem Schoß,
Und nie gewesen, wesenlos!
Du bist in tiefer Mitternacht.
Ernst Blass (1890 – 1939)
Augustnacht
Ich rang mit Qualen, als die Lindenblüten
Verbrannt versanken in der tauben Nacht.
Ich hab im Winter oft daran gedacht,
Wenn mich die Wolken schwebend überfrühten.
- O Violine, die in Cafés singt!
- O Morgen, der mich, Übemächtgen, trinkt!
O Dirnenstimme, die geschminkt gelacht! –
Heut spür ich lächelnd, wie der Wind erklingt
An Fenstern unsichtbarer Schiffskajüten.
Und frage mich: »Ernst, werden dich zerstücken
Ganz dumpfe Schmerzen wieder? Wirklich?« - und
Indessen gehst DU blinzelnd wieder brücken-
wärts fremd; ein giftger Traum, mit deinem Hund.
Ernst Blass (1890 – 1939)
Sommernacht
Das Sternbild vor mir heißt »Der große Bär«.
Und von den Menschen seh ich nur die Schatten
Und hör sie trällern nur die dummen, platten
Kupletchen, die da schwärmen vom Begatten
Und daß das das allein Reelle wär.
Durch stille Hauche keucht ein Katerschrei.
Doch Wolken wölben sich monumental
Da vorne, urhaft, wie ein Grönlandswal.
Und ohne Schicksal sitzt ganz groß und kahl
Der Mond vor seiner Riesenstaffelei.
(1912)
Klabund (Alfred Henschke) (1890 - 19 28)
Gewitternacht
Ich liege dämmerungszermalmt.
Die Sonne stürzt. Die Weite qualmt.
Der Himmel ist zerrissen.
Aus Äckerfurchen, Scheunentor.
Aus Schützengräben steigts empor,
Aus Furcht und Finsternissen.
Auf den Gewehren eingeschraubt
Tanzt schillernd jetzt ein grünes Haupt,
Und ihrer werden mehre.
An Unterständen schlank entlang
Schleicht schlangenhafter Grabgesang
Wie Marsch gestorbner Heere.
Und immer mehr und immer fort
Und Rausch und Blut und Sang und Mord
Wir sterben, sterben, sterben.
Der Himmel donnert, Wolke kracht,
Ein Blitz knallt nieder durch die Nacht
Und schmeisst die Welt in Scherben.
Maximilian Zander (1929 - 2016)
Aber der Mond
In aller Stille
Der listige Therapeut
Schreib noch schnell ein Gedicht
Bevor die Banken aufwachen
& die hübschen Neurosen
verblüht sind.
aus: Maximilian Zander, Antrobus’ Tagebuch. Gedichte, Edition YE Sistig/ Eifel 2004
aus: Theo Breuer, Land Stadt Flucht Gedichte, Edition YE Sistig/ Eifel 2002
Den beiden Gegenwartslyrikern ein herzliches Dankeschön für die Abdruckerlaubnis, Mai 2010.
erich adler ©
nachttransport
ins erwachen hinein
schlag ich ein kreuz schieb
meinen traum aus dem zimmer
schwerstarbeit
noch bis zum morgen.
aus: Versnetze_15, hrsg von : Axel Kutsch, Ralf Liebe Verlag, Weilerswist 2022
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erich adler ©
gespräch mit meiner mutter
und nachts
das telefon im ohr
denke ich an dein herz
es klopft
mitten
an alte worte.
*
schwerstarbeit
noch bis Nicht copyfrei
Paul Celan (1920 - 1970) - Mohn und Gedächtnis (1952)
(Augen: /Gold, das die Nacht in die Hände mir zählt’)
(Aus Herzen und Hirnen sprießen die Halme der Nacht)
(Da du geblendet von Worten/ ihn stampfst aus der Nacht/ den Baum)
Der Reisekamerad (Deiner Mutter Seele hilft die Nacht umschiffen, Riff um Riff)
Die Ewigkeit (Rinde des Nachtbaums, rostgeborene Messer)
(Etwas wie Nacht, scharf -/ züngiger als/ gestern, als morgen)
(Ihn ritt die Nacht, er war zu sich gekommen)
(Nachts ist dein Leib von Gottes Fieber braun)
(Nachts, wenn das Pendel der Liebe schwingt/ zwischen immer und Nie)
Schlaf und Speise (Der Hauch der Nacht ist dein Laken, die Finsternis legt sich zu dir)
( So schlafe / ... / Es wird die Nacht ein Herz, das Herz ein Hälmlein treiben -)
Spät und tief (Boshaft wie goldene Rede beginnt diese Nacht)
Vor einer Kerze (Aus getriebenem Golde, so/ wie du’s mir anbefahlst, Mutter)
(Wer sein Herz aus der Brust reißt zur Nacht, der langt nach der Rose)
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