Ich saz ûf eime steine
und dahte bein mit beine.
darûf satzt ich den ellenbogen.
ich hete in mine hant gesmogen
daz kinne und ein min wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer weite solte leben.
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwürbe,
der keinez niht verdürbe.
diu zwei sint êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot:
daz dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde.
die wolte ich gerne in einen schrîn:
jâ leider des mac niht gesîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre
zesamene in ein herze körnen.
stîg unde wege sint in benomen:
untriuwe ist in der sâze,
gewalt vert ûf der strâze,
fride unde reht sint sêre wunt.
diu driu enhabent geleites niht, diu zwei enwerden ê gesunt.
Nachdenkliches über Gott und die Welt
Ich hatte mich auf einen Stein gesetzt
die Beine übereinander geschlagen
meinen Ellenbogen als Stütze genutzt und
in meine Hand gelegt
das Kinn und eine meiner Wangen.
Ich dachte sehr intensiv darüber nach
wie man auf der Welt vernünftig leben könnte.
Ratlos war ich allerdings
wo es darum ging, dreierlei Dinge zusammenzubringen
ohne dass eines dabei zu Schaden käme.
Zwei davon sind ein guter Ruf und materieller Besitz
die sich oft in die Quere kommen
dazu als drittes das Geschenk der Gnade Gottes
das die beiden anderen in den Schatten stellt.
Die hätte ich allesamt gerne gebündelt zusammen.
Aussichtslos! Das wird nie gelingen
dass Besitz und Hochachtung der Menschen und
obendrein noch Gottes Wohlwollen
dass so widersprüchliche Dinge Platz in nur einem Herzen haben
Adern und Bahnen sind verschlossen
fehlende Treue lauert bereits auf die passende Gelegenheit
brutale Gewalt – wohin man sich auch bewegt
Friedenbereitschaft und Rechtslage sind schwer verwundet,
Aber solange diesen beiden niemand zu Hilfe kommt
bleibt der Zusammenschluss der genannten Dinge reine Illusion.
Adaption: Erich Adler ©
Ich horte ein wazzer diezen
und sach die vische fliezen,
ich sach swaz in der welte was,
velt walt loup ror unde gras.
swaz kriuchet unde fliuget
und bein zer erde biuget,
daz sach ich, unde sage iu daz:
der keinez lebet ane haz.
daz wilt und daz gewürme
die stritent starke stürme,
sam tuont die vogel under in;
wan daz si habent einen sin;
si duhten sich ze nihte,
si enschüefen starc gerihte.
si kiesent künege unde reht,
si setzent herren unde kneht.
so we dir, tiuschiu zunge,
wie stet din ordenunge!
daz nu diu mugge ir künec hat,
und daz dm ere also zergät.
bekera dich, bekere.
die cirkel sint ze here,
die armen künege dringent dich:
Philippe setze den weisen uf, und heiz si treten hinder sich.

Ich schau in den Fluss
Am Fluss das vorbeirauschende Wasser
und die Fische darin schnellen vorüber
mein Tagtraum nimmt die Welt in den Blick
Feld, Wald, Laub, Rohr und Gras
was kriecht und was fliegt
was die Füße auf den Boden setzt
all das sah ich und euch sei es gesagt:
Nichts lebt ohne Hass.
Wilde Tiere und kriechende
in heftigem Kampf
und ebenso die Vogelwelt
die sich nur in einem Punkt einig ist:
Sie weiß um ihre Bedeutungslosigkeit
ohne eine klare Rechtsordnung.
Deshalb schafft sie sich Könige und Gesetze
Herrschende und Beherrschte.
Schlimm, wer sich im Deutschen zu Hause fühlt -
Werft einen Blick auf die politische Landschaft hier!
Jetzt hat schon die Mücke ihren König
und dein Ansehen geht den Bach herunter!
Dreh dich um, auf der Stelle
die vielen Krönchen werden zur Gefahr für dich
die armen Gernegroße haben es auf dich abgesehen.
Philipp, setzt dir deine Kaiserkrone auf
Und zeig den machthungrigen Vasallen, wo sie hingehören.
Adaption.: Erich Adler ©
Uns hat der winter geschât über al:
heide unde walt sint beide nû val,
dâ manic stimme vil suoze inne hal.
saehe ich die megde an der strâze den bal
werfen: sô kaeme uns der vogele schal.
Möhte ich verslâfen des winters zît!
wache ich die wîle, so hân ich sîn nît,
daz sîn gewalt ist sô breit und sô wît.
weiz got er lât ouch dem meien den strît!
sô lise ich bluomen dâ rîfe nû lît.
Uns hat der Winter – wohin man schaut - schwer zugesetzt
Heide und Wald haben beide ihren Farbton eingebüßt
Einst boten sie Raum für so manch liebliche Vogelstimme
Ach sähe ich auf der Straße doch erst wieder Mädchen beim Ballspiel!
Ganz von selbst stellte sich dann auch wieder der Gesang ein
Den Winter – ich möchte ihn nur noch verschlafen!
Es ist ja ohnehin nichts anderes als Hass, der mich wach hält
Zu weit ist seine Macht, zu stark seine Gewalt
Doch - so Gott will – eines Tages gewinnt der Mai erneut den Zweikampf
Und ich pflück Blumen, die jetzt noch unterm Raureif dämmern.
Adaption: Erich Adler ©
Diu krône ist elter danne der künec Philippes sî:
dâ mugent ir alle schouwen wol ein wunder bî,
wies ime der smit sô ebene habe gemachet.
Sîn keiserlîchez houbet zimt ir alsô wol,
daz si ze rehte nieman guoter scheiden sol:
ir dewederz dâ daz ander niht enswachet.
Si lachent beide ein ander an,
daz edel gesteine wider den jungen süezen man:
die ougenweide sehent die fürsten gerne.
swer nû des riches irre gê,
der schouwe wem der weise ob sîme nacke stê:
der stein ist aller fürsten leitesterne.
Die Krone ist deutlich älter als der König Philippus
Da fallen euch die Augen aus über dies Wunder
Wie dem Goldschmied das so passend gelungen ist.
Sein kaiserliches Haupt scheint dafür wie geschaffen.
Niemand kann sie ihm so recht streitig machen.
Beide gehören zueinander wie gottgefällige Geschwister
Die sich lachend anschauen
Eine Augenweide für die Edlen
Und wer da noch weiter nach dem König sucht
Der soll schauen , wer die Krone auf dem Kopf trägt
Ihr Stein wird zur Orientierung für alle Fürsten.
Adaption: Erich Adler ©
Der in den oren siech von ungesühte sî,
daz ist mîn rât, der lâz den hof ze Dürengen frî:
wan kumet er dar, dêswâr er wirt ertoeret.
Ich hân gedrungen unz ich niht mê dringen mac:
ein schar vert ûz, diu ander in, naht unde tac;
grôz wunder ist daz iemen dâ gehoeret.
Der lantgrâve ist sô gemuot,
daz er mit stolzen helden sîne habe vertuot,
der iegeslîcher wol ein kenpfe waere.
Mir ist sîn hôhiu fuore kunt:
und gulte ein fuoder guotes wînes tûsent pfunt,
dâ stüende ouch niemer ritters becher laere.
Wer es schon an den Ohren hat
der – den Rat geb ich hier – mache einen Bogen um den Thüringer Hof
denn wenn er dahin kommt, wird er völlig schwerhörig.
Ich hab meine Erfahrungen dort gemacht – das reicht ein für allemal:
Die einen kommen, die anderen gehen – und das Tag und Nacht.
Man wundert sich, dass da überhaupt noch jemand Hörvermögen hat.
Der Landgraf hat ein Gemüt
dass er mit stolzen Kämpfern seinen Besitz durchbringt
Jeder von ihnen könnte auch problemlos als Berufskämpfer leben.
Mir ist sein spendabler Lebensstil hinlänglich bekannt:
Selbst wenn eine Fuhre guter Wein tausend Pfund kosten würde
stünde keines Ritters Becher jemals leer.
Adaption: Erich Adler ©
91
Daz ich dich so selten grüeze,
frowe deist an alle mine missetat.
Ich will daz wol zürnen müeze
Liep mit liebe, swa’z von friundes herzen gat.
Niene trure du, wie fro?
Sanfte zürnen, sere süenen, dies der minne reht, diu herzeliebe will also.
2
In gesach nie tage slichen
so die mine tuont. ich warte in allez nach.
Wesse ich war si wolten strichen!
mich nimt iemer wunder wes in si so gach.
Si mugen von mir komen zuo deme
der ir niht so schone pfligt als ich: so lazen denne schinen, ob sie wizen weme.
3
Du solt eine rede vermiden,
frowe, daz gezimt den dinen güeten wol.
Spraechestuz, ich woldez niden,
daz die argen sprechent, da man lonen sol:
„Het er saelde, ich taete im guot."
er ist selbe unsaelic, der daz gerne sprichet unde niemer diu geliche tuot.
Bitte um Verständnis
1
Dass ich mich so selten bei dir melde,
„frowe“, das geschieht ganz ohne böse Absicht.
Ich meine, dass verärgert sein dürfen
Liebende, sofern dabei Zuneigung überwiegt.
Du, sei nicht traurig, sei (auch) froh!
Sanfter Ärger, wilde Versöhnung, das gehört mit zur Minne; ihr Wesen will das so.
2
Nie sah ich die Tage so (rasch) verstreichen
wie bei mir. Ich schau ihnen hinterher.
Wenn ich nur wüsste, wohin sie entweichen.
Immer muss ich staunen, warum sie so in Eile.
Von mir wollen sie fortziehen, hin zu jemandem
der sie nicht wie ich umsorgt, so schön: Drum lass uns schaun, auf wen sie verweisen.
3
Einen Vorwurf musst du dir verkneifen,
Herrin, das entspricht deiner freundlichen Wesensart.
Sagtest du’s dennoch - ich fände es gehässig -
was die Böswilligen sagen, anstatt zu belohnen:
„Hätte er Resonanz, dann bekäm er meine Anerkennung.“
Der ist aber selber wirkungslos, der solchen Worten niemals Taten folgen lässt.
Saget mir ieman, waz ist minne?
weiz ich des ein teil, sôo wist ichs gerne mê.
Der sich baz denn ich versinne,
der berihte mich durch waz si tuot sô wê.
Minne ist minne, tuot si wol.
tuot si wê, so enheizet si niht rehte minne, sus enweiz ich wie si danne heizen sol.
Obe ich rehte râten künne
waz diu minne sî, sô sprechet denne jâ.
Minne ist zweier herzen wünne,
teilent si gelîche, sost diu minne dâ.
Sol ab ungeteilet sîn,
sô enkans ein herze alleine niht enthalten; ouwê woldest du mir helfen, frouwe mîn!
Frowe, ich trage ein teil ze swaere,
wellest du mir helfen, sô hilf an der zît.
Sî abe ich dir gar unmaere,
daz sprich endelîche, sô lâz ich den strît,
Unde wirde ein ledic man.
dû solt aber einez rehte wizzen, daz dich lützel ieman baz danne ich geloben kan.
Kan mîn frouwe süeze siuren ?
waenet si daz ich ir liep gebe umbe leit ?
Sol ich si dar umbe tiuren
daz siz wider kêre an mîne unwerdekeit ?
Sô kund ich unrehte spehen.
wê waz sprich ich ôrenlôser ougen âne ? den diu minne blendet, wie mac der gesehen ?
Liebe – lasst es mich wissen
Wer sagt mir mal, was das ist - Liebe?
Zwar kenn ich einen Teil davon, aber ich wüsste schon gerne mehr.
Wer sie besser als ich durchschaut hat
der erklärt mir vielleicht mal, warum sie so wehtun kann.
Minne macht Sinn, wenn sie gut tut.
Tut sie jedoch weh, dann hat sie den Namen nicht verdient; doch wie man den Zustand dann nennen soll, weiß ich auch nicht.
Schätze ich es richtig ein
was die Liebe ausmacht, dann stimmt mir jetzt zu:
„Minne“ ist zweier Herzen Wonne.
Gleich zu gleich geteilt – und schon ist die Liebe da.
Aber ganz ohne Verzicht
kann ein Herz allein nicht die Liebe gestalten; o weh, kämst du mir doch zu Hilfe, meine Herrin!
„Frouwe“, meine Last wird mir zu schwer.
Willst du mir helfen, so hilf rechtzeitig.
Wenn ich dir aber gar nichts bedeute
dann sag es mir doch endlich; ich lass den Wettstreit Wettstreit sein
und werde wieder ein freier Mann.
Doch das mach dir bitte klar : Kaum jemand kann dich nur annähernd so besingen wie ich.
Kann meine Herrin das Süße versauern lassen?
Meint sie denn, dass ich Liebe gern vertausche gegen Leiden?
Soll ich sie etwa nur aufwerten
damit sie mir meine Wertlosigkeit besser bescheinigen kann?
Dann habe ich mich wohl verkuckt! - - -
Ach Unfug eines Tauben und Blinden! Wen die Liebe geblendet hat, was kann der schon erkennen?