Gebrauchslyrik – aus Lyrikschadchens Handwerkskiste
I. Kleine Theorie
Unter Gebrauchslyrik versteht man Gedichte, deren Produktionsabsicht auf einen Anlass abzielt (Kirchenlied, Gebetsspruch, Geburtstagsständchen, Poesiealbum-Spruch, Hochzeitsgedicht usw.). Der Text hat für Autor und Hörer/ Leser keinen Selbstwert. Die ästhetische Verpackung ist zweitrangig, wenngleich nicht ungewünscht. Wer hört es schon gern, wenn die Verse unvollkommen stolpern: Bei Hans Sachs ein Knitteln - beim Handwerker ein Rütteln – beim Hörer ein Schütteln? Grüß Schrott!
Lyrikschadchens Grußformel ©
Liebe Gäste, ihr seid da –
schön, dass euch der Tag war klar.
Scheitert’ wohl so manch Termin
den man ließ am Festtag ziehn,
weil man keinen Kuli fand,
der entfernt von seinem Band -
lag da nur ’ne Faden-Öse
und man war dem Schicksal böse.
Manchmal war die Mine leer,
Gute Laune? Ging nicht mehr.
Ja die Miene blieb nicht heiter,
und der Ärger ging noch weiter - - -
Nein – ihr seid heut hergelaufen
müsst euch nicht die Haare raufen,
seid wohlmöglich hergeeiert-
weil ihr hofft- hier wird gefeiert,
nächtens dann vielleicht gerei…
weil das Bier in Strömen floss,
was den Magen sehr verdross.
Ja – so könnt’ es heute werden –
Keiner soll hier auf der Erden
schlafen müssen
ohne Kissen.
Essen, Trinken sind bestellt –
Feiert, bis die Nacht sich hellt!
*
Muss die Gebrauchslyrik gesellschaftlich belanglos sein? Durchaus nicht!
Dazu lese man, was Kurt Tucholsky unter dem Pseudonym Ignaz Wrobel geschrieben hat:
„Es hat zu allen Zeiten eine Sorte Lyrik gegeben, bei der die Frage nach dem Kunstwert eine falsch gestellte Frage ist: ich möchte diese Verse ›Gebrauchs-Lyrik‹ nennen. Nur scheinbar hebt hier ein Begriff den andern auf.
Der politische, ethische oder religiöse Zweck benutzt, um auf die Massen zu wirken, die Formen der Kunst, deren nicht alltägliche Ausdrucksformen ihm sehr gelegen kommen. Die Wirkung soll sofort erfolgen, sie soll unmittelbar sein, ohne Umschweife – die These passiert also nicht die Kunst, sie wird nirgends sublimiert, sondern unmittelbar, in literarischer Maskerade, vorgeführt. Dergleichen hat nichts mit ›Tendenzkunst‹ zu tun, die das grade Gegenteil der Gebrauchslyrik ist: ein tendenziöses Gedicht ist ein Gedicht; die Verse der Gebrauchslyrik sind gereimtes oder rhythmisches Parteimanifest. ( - - -) “
Die Weltbühne, 27.11.1928, Nr. 48, S. 808
Quelle: www.textlog.de/tucholsky-gebrauchslyrik.html
Wikipedia weiß:
„Der Begriff wurde 1927 aufgrund eines Lyrikwettbewerbs von Bertolt Brecht geprägt.“
Auch sei diese metaphernfreie und ohne (falsches) Pathos vorgetragene literarische Ausdrucksform eine von namhaften Künstlern (Brecht, Kästner, Kaléko etc.) der sog. Neuen Sachlichkeit geschätzte Lyrikgestaltung.
Lyrikschadchen bietet jetzt einfach mal ein eigenes Beispiel solcher „Kunst“, ernst zu bleiben, sowohl bei der Herstellung der Verse wie beim Vortrag des Ergebnisses – Gelächter der Hörer nicht ausgeschlossen.
Mein Ältester, er wurd' grad dreißig,
als Werber seit neun Jahren fleißig -
so meint der Pfarrer, wie er hört,
dass Daniel der Melli schwört:
„Ich gebe dir mein volles Ja!
Die Vorlaufphase hat gereicht.
Nun sind wir ‘n Paa’ –
halt mich ganz fest!
Jetzt kommt der Rest
- und nicht zu seicht -
auf den die Kirche uns gleich eicht.“
„Ich geb mein „Ja! – halt dich ganz fest!
Du bist “The Best !“
*
II. Weitere Beispiele der Gebrauchslyrik
Hochzeit Melanie & Daniel oder Spatz mietz Adler
Jetzt kommt ein Hochzeitsklassiker, mit dem ich mir schon als Kind so manches Kuchenstück erarbeitet habe! „Alle müssen am Ende auf mein Kommando was Frommes sagen: Gott sei Dank! Das üben wir male eben:
1 -, 2- 3 – alle: …Gott sei Dank“
(Noch mal, das hat ja nicht geklappt, sondern geklappert! Gott sei Dank! Schon besser, aber noch nicht fromm genug für diesen Anlass. Also zum Dritten bitt. Gott sei Dank! Gut, das reicht für angehende Betschwestern:
a)
Hochzeitgedicht von Wilhelm Busch
O wie lieblich, o wie schicklich
sozusagen, herzerquicklich
ist es doch für eine Gegend
wenn zwei Leute, die vermögend
(Gut, gut, daran müsst ihr vielleicht noch etwas arbeiten)
. . .wenn zwei Leute, die vermögend
und dazu mit sich zufrieden
aber von Geschlecht verschieden
wenn nun diese, sag ich, ihre
dazu nötigen Papiere
sowie auch die Haushaltssachen
endlich mal in Ordnung machen
und in Ehren und beizeiten
hin zum Standesamte schreiten
(Nun, das war ja bei euch schon! Dass ihr so kleckert, konnte Wilhelm Busch schließlich nicht ahnen)
… hin zum Standesamte schreiten
wie es denen, welche lieben
vom Gesetze vorgeschrieben
dann ruft jeder freudiglich:
(Alle) „Gott sei Dank! - (Erich) … die haben sich!“
b)
Lebensreise von Melanie und Daniel
I.
Oma Lottis Wickeltisch
Melli, wohl im Bauch ein Prickeln
circa. zwei bis circa drei.
„Mensch“, denkt sie, „das olle Wickeln,
Mensch wann is' denn das vorbei?
Geh ich mal auf Tauchstation.“
Schwupps unter den Wickeltisch.
„Melanie, wo bist du Kindchen?
Komm, ich mach's Popöchen frisch!“
Doch das Kind, das bleibt verschwunden.
Zieht schon heimlich seine Runden?
Keiner hat es aufgespürt,
während dieses saubre Mädchen
schon in der Nivea rührt-
Mit dem Händchen unumwunden
Ach, die Creme weiß und milde,
fast so mild, wie Oma Hilde.
„Was soll Fett auf meinem Po –
Mach ich Lottis Teppich froh!“
Groß und größer ihre Augen.
Herrlich kann der Teppich saugen.
Gleich ist dieses Döschen leer –
Eltern, bringt mir doch noch mehr
Von der weißen Schmandcrem’ her.
Da naht Mama: Herz, gab Stoß!
Freude wurde riesengroß.
Nicht mal einen Klaps auf Po.
Mensch, was war ihr Po da froh!
Ja, manch Eltern hab ’n das Glück
kehrt das Kind nach Haus zurück.
Irgendwann wird es wohl traben
und sich an den Männern laben.
Heute sehn wir hier sie wieder
in `nem weißen Hochzeitsmieder.
Und man denkt dann ungeniert:
Auf die Farbe programmiert.
*
II.
In der Kirche:
Melanie, die kleine Fromme,
jeder sie so niedlich fand.
„Ach was faltet sie die Händchen.“
Keiner findet das verspannt.
„Ja früh übt sich“, denkt der Pfarrer,
jedes Beten fängt mal an:
Lass die Kleinen zu mir kommen -
Patschehändchen, wer es kann.“
Ach, was wär der Mann betrübt.
wenn er um die Gründe wüsste.
was ein Kind in diesem Alter
niemals nicht und nirgends misste.
„Nein, mein Kau(gumm)i, lass ich nicht!
Den geb ich dem Mann nicht her!“
Rasch gepappt zwischen die Händchen
und schon ist ihr Mündchen leer.
Nur dann später, das Theater –
als es dann herausgekommen:
Dieses Kind ist gar nicht fromm,
sondern frömmlerisch „unvollkomm’ “.
Klebt der Gummi zwischen Fingern,
was man da für Beten hielt.
„Ba, was faltet dir die Händchen?
Ba, was bist du doch verspielt!“
Ach, mein lieber, guter Vater,
jeder hat so seinen Stil.
Mancher betet ’s Vater unser,
mancher kaut etwas zu viel.
*
III,
Verbotener Ausflug
„Sandra“. sprach die Frau Mama,
„Wetter schlecht! Ihr bleibt heut da,
denn die Weiden sind zu nass,
und die Pfützen sind kein Spaß.
Geh mit Melanie aufs Zimmer,
ihr dürft Fernseh’ n, kein Gewimmer!“
Schon ist Marianne fort.
und die Kinder? Nicht am Ort!
Mit den Stiefeln über Weiden -
ach, das können Kinder leiden.
Immer tiefer in die Soße –
Schlamm spritzt schon bis an die Hose.
Pischte patsche – „Ich steck fest!“
In der Pfütze wie im Nest!
„Mama hilf, ich gehe unter!
Mama, komm zu uns herunter.
Mama, komm schnell aus dem Haus,
sonst ist es mit uns gleich aus!“
Und schon sieht man Muttern rasen,
rasend ihre Backen blasen.
Hinter ihr rast Oma Hilde –
zornentbrannt wie eine Wilde.
„Diese Kinder – das ist schlimm
ungehörig, kein Benimm!“
Pädagogiktipp ratz fatz:
„Kinder kriegen was an Latz!“
Doch die Mutter hat ein Herz
„Nicht doch, solchen Leidensschmerz!
Kinder schlagen find ich öde –
schlagen macht doch Kinder blöde!“
- - - - - -
Zieht die Kinder aus dem Sumpf-
Füßen bleibt nur noch der Strumpf.
Kinder sollen Liebe fühlen -
„Und jetzt rasch, die Stiefel spülen.
Und zur Strafe – wohl zu funny –
dürft ihr kucken: Bugs, Bugs Bunny.“
*
Auch Kinder haben Ideen
Jeder weiß, zwischen Geschwistern
hört man es wohl auch mal knistern.
Oftmals liegen Gründe tief.
oftmals liegen Gründe schief.
Jeder Mensch hat seine Sorgen,
keiner muss beim Nachbarn borgen.
Jedes Kind hat seinen Kummer,
manches Kind hat keinen Schlummer –
wird konkret, wenn Schwester schreit,
dann ist mancher Rat nicht weit.
Auch die Sandra hat sich Kraft
mit den Lungen frei geschafft,
Tag und Nacht hat sie gebrüllt –
Wird das Kind den nicht gestillt?
Mag das Kind den Namen nicht?
Hat das Bäuchlein Schwergewicht?
Liegt es wohl am Taxistand,
weil sich zuviel Anruf fand?
Was war’n ihre tiefren Gründe? –
Schmerz lass nach, wenn ich die fände.
Melanie, das ältere Schaf,
wälzt sich schwer in tiefen Schlaf
und sich dann die Haare rauft:
„Mama – die wird jetzt verkauft!“
*
V.
Schulzeit mit abgeleitetem Leidensdruck
Mobbing ist ein Modewort.
Ärgern hieß das früher mal
und die Schule war der Ort,
wenn man stand am Marterpfahl.
Melanie war niemals Krieger,
doch ein Junge ewig Sieger,
wenn es hieß: Schulranzen leeren
und sich nicht dagegen wehren,
nicht beim Lehrer gleich beschweren.
Solches fand die Melli dreist,
bis ihr mal der Faden reißt
und es gab was auf die Nase.
Bursche blutet nicht zum Spaße.
Lehrer La…, der will nicht glauben,
was sein Auge vor sich sieht
Blut am Boden – so’n Schiet.
Rotz und Wasser heult der Bursche.
Doch – dass ’n
Mädchen ihn verdroschen.
hält er ganz beschämt die Goschen.
Ja, Herr La…, der will nicht denken,
was der Schüler wortlos klagt,
dass sich seine stille Melli
weg von der Erziehung wagt:
„Diese sanfte, blonde Fee ?
Hat der Bursche selber Schuld,
wenn ihr Platz mal die Geduld!“
VI.
Alle werden älter und sehen Hühner
Altern ist ein schweres Los –
Keiner findet das famos.
Noch als Paar kann man sich retten,
geht sogar noch in die Betten
wetten?
Doch allein hat all zu oft,
mancher auf sein Kind gehofft,
das mal schaut so nach dem Rechten,
das ist das, was Alte möchten.
Mancher hat sich da geirrt,
einsam durch das Heim dann schwirrt.
Drum ist’s gut, wenn ein Mensch denkt,
beruflich seine Schritte lenkt –
auch wohl mal ’nen Nachtpott schwenkt,
ohne dass er gleich gekränkt.
Den Beruf nennt man dann Pfleger,
weiß so wie kein Schornsteinfeger.
Mal als Doktor eingestuft
Heiminsasse nach ihm ruft.
„Doktor, ham se mich vergessen?
Schwester, ich will was zu essen!“
Männer, Frauen, ganz egal –
Die Belastung ist fatal.
Melanie war nicht frustriert,
hat sich dort examiniert,
Altenpflege – rasch kapiert.
Ja, es gab auch wohl mal Späßchen,
keinen Ärger, nichts aufs Näschen.
Kommt die Melli in ein Zimmer
Hört sie schon ein Ömchen rufen:
„ Nichts zu tun? Nichts zu tun?
Fang das Huhn – Fang das Huhn.“
Und die Melli hört die Kunde,
schaut verwundert in die Runde
„Welches Huhn ist denn gemeint?
Ich seh keines, das hier greint!“
„Mensch, du Hühnchen, siehst du’s nicht –
schwebt dir ja schon vorm Gesicht!“
Also immer durch die leere
Luft dem Hühnchen hinterhere.
Schließlich hat sie’s unter Bangen
diesem Muttchen eingefangen.
Solche Jagderfolge heben,
lassen einen länger leben.
Doch war dies wohl auch der Grund
Melanie wurd' es zu bunt –
Altenpflege lief nicht rund.
Nur das eine hat geklappt –
Das man sich ’nen Zivi schnappt.
Solche Fälle liebt das Leben.
Manchmal geht die Jagd daneben.
Manchmal schnappt das Schicksal zu.
Fängt ’nen Bräutigam im Nu!
Erst verliebt, dann schnell verdrückt,
in das Sauerland abgerückt -
Schimmelwohnung -- sehr geknickt.
Doch auf Iltschi – sehr geschickt.
Pferdehobby wie verrückt.
Dann zurück sich wieder schickt,
vom Frisör-Beruf entzückt,
heute hier als Braut geschmückt,
alles ist der Frau –
geglückt!
I.
Kinder-Sportkarre und Ehebett
In der Karre niemals still
Tut der Dani – was er will.
Flinker Bursche – jagt die Schatten
die vor ihm auf Flur und Matten
auf der Straße sieht er liegen,
will mal seinen Schatten kriegen.
Sonne treibt so ihren Spaß
Dani treibt so dies und das.
In der Karre stille liegen?
Dafür ist er nicht zu kriegen.
Ist er schon am Tage munter,
treibt er’s in der Nacht noch bunter.
Still im Bettchen? Ne, ne ne –
Erst mal will er noch ’nen Tee.
Eltern wach im Ehebett.
Davon wird kein Nachtschlaf fett.
„Willst du zu uns?“ – Eltern sind nett!
Und bevor er brüllt und schwitzt
Bursch im Elternschlafraum sitzt.
Einzelbett wird schnell storniert,
weil der Junge rasch kapiert.
Ja, er ist ein kleiner Schlunz
Ruft jetzt stets: „Zu uns! „Zu uns!“
II.
Sprache ist das Haus des Seins
Manches geht nicht aus dem Kopp.
Manches finden Eltern Topp.
Wenn ein Kind die Sprache findet,
nicht mehr gestenreich sich windet.
Eltern ahnen es mit Macht
und ihr Herz im Leibe lacht.
Das ist ihre Philosophie
Fremde Kinder schaffen ’s nie.
„Unser Kind kann endlich sprechen.“
Die Behauptung kann sich rächen.
Denn bei manchem Kinderklang
wird dem Sprachpuristen bang.
Dani hat am Mund bald Schwielen.
Ständig ruft er: „Pielen! Pielen!“
Und der Knabe hat Verstand
Lebenseinsicht bis zum Rand
Sieht die Wurst am Schlachtertresen,
merkt sogleich: Die is’ gewesen!
„Das ist Leberwurst mein Kind!“ ---
Wort und Ware komisch sind,
Dani fragt, was da so klebt:
„Leberwurst? Hat die gelebt!“
Mama wird sofort fast narrisch.
Lebt schon geistig vegetarisch
Dann klärt mit viel Geduld,
was an diesem Namen Schuld,
„Die kommt aus dem Bauch mein Junge,
zwischen Magen und der Lunge.“
Mama weiß doch stets Bescheid,
und erklärt mit Heiterkeit.
Leitet Kommunikation
weiter auf den ersten Sohn.
Der wird zwar noch hinten nasser,
vorne bleibt sein Redewasser.
III.
Mäuse, Mäuse
Daniel hat’s mit den Tieren
Liebt alles, was „auf allen Vieren“
putzig sich im Kreise dreht
oder an der Decke schwebt.
Lampenkabel wird entwirrt.
Hat sich Konstrukteur geirrt.
Lampe hing dann jahrelang,
an verdrehtem ollen Strang.
Jeder meinte inhaltsleer:
„Reparatur ist mir zu schwer!“
Bis Besuch aus DDR
kam und wusste eine Wendung,
denn die kannten solch Verendung,
stellten Drehung wieder her.
Den zwei Sachsen: Danke sehr.
Mäuse drehn sich auch im Kreise
gern auf ihre eigene Weise.
Rennmäuse sind eine Wucht –
Besser noch ’ne Rennmauszucht.
Mama mag die Tiere nicht.
Doch das fiel nicht ins Gewicht.
Sie ist lieb – kam nie in Rage
Als sie sah gelbe Drainage
Lief rings in der Wohnung lang
10 mal Meter an ’nem Strang.
Und die Mäuse, immer munter
Tag und Nacht die Rohre runter.
Jahre hat das Spiel gedauert
Manches Tier hat man bedauert,
weil es sich nie wieder fand,
mit dem Kopf wohl durch die Wand.
Irgendwo wird es jetzt leben –
Ausgebüxt - So ist das eben.
Merke drum für deine Ehe:
Bleib der Frau stets in der Nähe.
Dreht sie durch, ist’s kein Gewinn –
Und die Lebenslinie hin.
IV.
Musik, Musik und „Saxogong“
Schon sehr früh hast sich gezeigt,
wozu dieser Junge neigt.
Kaum heraus aus nassen Hosen,
liebte er Musik zu kosen:
Flöte hier und Flöten da –
Glockenspiel und Trallala.
Kinderschule mitgemacht,
lernt die Noten über Nacht,
Papa hat’s ihm beigebracht.
Kein Gerät vor dem ihm bang,
das nicht rasch gebracht zum Klang.
Einmal allerdings ein Ton,
als er dient an dem Altare
vor Fronleichnamsprozession,
eine ganz besonders rare
Form des tönend Gaudiums,
als es in der Kirch macht „rums!“
Denn die Luft war hier sehr dünne
und die Menschen sangen laut
Sauerstoff wurde geklaut,
dass den Dani vollends haut
in die Seitenlage hinne - - -
auf die Knie,
so rasch wie nie,
sieht man da den Knaben fallen,
ohne noch etwas zu lallen
mit dem Kopf auf einen Gong.
Kirche wach bei diesem „Bong!“
„Ach herrje, der arme Junge,
hat der so ’ne schwache Lunge?“
Doch der Gong macht Dani munter –
steigt von selbst vom Gong herunter,
etwas blass um seine Nase,
Vatern ging es an die Blase.
Dieser Stil macht doch Figur:
Woher hat der Jung das nur?
Mutter Herz schon wieder lacht –
weil das allen Stimmung bracht’.
Jahre später denkt zurück
an dies frühe Musikstück –
alle Welt, die Dani kennt –
wenn er in die Brass Band rennt.
Niemals Einsatz er verpennt,
Saxophon so lieblich flennt.
V.
Der Rest in Kürze
Irgendwann der Schulzeit Ende.
Wenn sich ein Beruf doch fände?
Erst einmal und ganz schön bälde
Warum lehnt er ab das „Felde“
militärisch straffer Führung?
Spürt eine Gewissensrührung!
Lässt sich prüfen, rasch geschafft
und verlässt das Amt gestrafft –
Stellt sich vor bei Simon – Hanna.
Nennt sich Zivi –Pfleger bald.
In ’ne Oma er verknallt?
Nein mitnichten – ganz normal.
Sonst gäb’s hier auch nichts zu dichten.
Seine Maid ist blond und schmal.
Melli merkt, wie Hase läuft –
Und dass dieser Kerl nicht säuft –
Was durchaus ’ne Ehe stört
wenn der Mann auch tags noch röhrt.
Dani hilft beim Altenheben,
lässt zur Decke Ömchen schweben
Melanie die Kissen schüttelt,
auch wohl mal Katheter rüttelt.
Spritze hier und Pille da –
„Schwester, Schwester, komm Se ma’.“
Alle finden Melli toll,
selbst wenn ihre Hose voll.
Ihre das meint klar die Alten,
die sich nicht mehr können halten,
wenn die Blonde sie beäugt,
sich über die Betten beugt.
Jeder hat dann gerne mal Fieber –
„Schwester?“ – „Ja?“
„Heut rektal – das wär mir lieber.“
Na, na, na –
der Dani denkt,
fühlt sich dennoch nicht gekränkt,
ist ganz stolz, wenn andre sehen –
mit so ’ner Frau könnt’ Ehe gehen.
*
VI.
Jetzt ist aber Schluss!
Liebe Gäste – diese Reise
war so meine eigene Weise
dieses Brautpaar zu bedenken,
helfend erste Schritte lenken –
Blick nach vorne, Blick zurück
Schicksal sitzt uns im Genick.
So wie mir, der sich sehr freut,
dass der liebe Gott gewollt
und ich da sein konnte heut –
sonst, Gäste, hätt’ ich geschmollt.
Also feiert,
also Prost –
Brautpaar Glückwunsch, nicht geeiert.
Startet forsch in euer Leben,
bleibt nicht an dem Alten kleben,
stoßt euch neue Türen auf,
sperrt die Tür auch mal am Knauf.
Hebt die Gläser, nun denn Prost!
mit Bier und Wein, (Tränen?) und
Apfelmost.
*
Erich Adler © - Vater eines durch Hochzeit verlorenen Sohnes nebst gewonnener Tochter - 11.08. 2007
*
Gebrauchslyrik? - 10 Schritte bei der Partnersuche
(Melodie: Dornröschen war ein schönes Kind)
1.
Die Melli war ein schönes Kind, schönes Kind, schönes Kind
Die Melli war ein schönes Kind, (alle Gäste) schö - nes Kind.
2.
Als Lernschwester im Sauseschritt, Sauseschritt, Sauseschritt
Die Alten kommen kaum noch mit, (alle Gäste) kaum noch mit.
3.
Ein Zivi sah das Kittelkleid, nur kein Neid, Kittelkleid
Ein Zivi sah das weiße Kleid, (alle Gäste ) wei - ße Kleid.
4.
„Du kleine Blonde, weißt Bescheid , weißt Bescheid, weißt Bescheid.
Daraus wird mal ein Hochzeitskleid (alle Gäste) Hoch - zeits - kleid.
5.
Na na, so schnell, mein Herr, geht’s nicht, geht es nicht, geht es nicht
die Arbeit ruft und erst die Pflicht, (alle) erst die Pflicht.
6.
Drum wäscht der Zivi Omas ab, Opas ab, nicht zu knapp,
ganz sauber macht hier keiner schlapp. (alle Gäste) kei – ner – schlapp.
7.
„Mach Platz, du holde Melanie, schönes Kind, schönes Kind!
Für dich ich alles herrlich find, (alle Gäste) herr - lich find!
8.
„O, dieser Mann, der hat ein Herz, is’ kein Scherz, hat ein Herz
zum siebten Himmel, himmelwärts , (alle Gäste ) him – mel- wärts.
9..
„ Und irgendwann wird Hochzeit sein, Hochzeit sein, nicht allein
Nur Iltschi * lassen wir daheim (alle Gäste) wir da – heim.
(Lyrikschadchen als Vorsänger) Der kommt hier nicht rein.
* Iltschi? – das Lieblingspferd der Braut

Der Kutscher lässt die Pferde traben.
Die Braut ist jetzt nicht mehr zu haben.
|
c) Gebrauchslyrik? – Anlass: runde Feiern mit Nachbarn
Schadchens Nachbarin wird 50 - endlich! „Mein Gott, jetzt hat sie’s!“
Fast alle Nachbarn - auch Erich @ - kennen längst dies Gefühl!
Geburtstag ist ganz ohne Frage
der schönste aller Feiertage.
Drum woll’n wir keine Zeit verlieren,
zum Wiegenfest dir gratulieren.
Wenn wir es dir auch ungern sagen:
Die 50 schlagen auf den Magen.
Denn dieses Alter scheint die Wende.
Die Fröhlichkeit geht nun zu Ende,
nun folgen Stöhnen, morsche Knochen,
und bald schon wird am Grab gerochen . . . .
Na, na, so rasch geht es wohl nicht -
So kurz geht’s nur hier im Gedicht.
Ich wollt bloß sagen: Man wird älter.
Mal trinkt man Pils. Mal trinkt man Selter.
So mancher wird schon hundert Jahr.
Da sagt man dann: Wie sonderbar!
Der hat wohl niemals nicht gesoffen,
ist nur mit Hunden „rumgeloffen“.
Was red ich hier für dumme Sachen!
Wir lassen heut die Stimmung krachen.
Denn Birgit ist uns lieb und hold -
und Glückwunsch wird ihr hier gezollt
und alles Gute, alles Liebe
und dass sie immer 50 bliebe!
Dann kommen wir auch jedes Jahr
gern wieder, das ist sonnenklar.
Wir wünschen dir nochmal die Jahre
und noch sehr lange blonde Haare.
Blümlein und Kraut in eurem Garten
Soll’n auch am Bornweg auf dich warten.
Auch Nachbarn, die am Wege stehn,
hoch zu den Mauerseglern sehn.
Wohl auch mal fragen nach den Hunden,
Kehrst du zurück von Gassi-Runden.
Ich hör jetzt auf, man wird noch singen
und Wilhelm wird die „Gabel“ schwingen.
Kein falscher Ton - kein blöder Spruch,
nur noch mein Wunsch:
„Arnold? - Auch Pils ‚genuch’?“
(Die meisten Bornweg-Nachbarn kenn’ dieses Schwanken schon)
Es ist seltsam mit dem Alter: Ist man 10 und noch ein Kind,
weiß man glasklar, dass das Alter so um 20 rum beginnt!
Ist man selber 20, denkt man: Auf das Altern ich wohl pfeif!
Denn man meint: Erst gegen 30, wird man für die Flauten reif!
Dreißiger schon etwas ruhiger und vom Lebenswind geprägt, haben den Beginn des Alters auf Punkt 40 festgelegt.
Vierziger mit Hang zum Segeln, schmeißen ’s Altern über Bord. „50 ist die ferne Grenze!“ - Mast- und Schottbruch ? - Nich’ sofort!
Doch die 50er, die Weisen, wissen um die alten Sachen: Jung sind alle, die auch kentern – auftauchen, dann weitermachen.
Sind die 60 angebrochen, kommen Bornweg-Nachbarn singen: “Scheiß auf ’s Alter, Scheiß auf Falten, heute lasst die Gläser klingen.!“
Liebe Ilse, lass das Zählen!
60 hast du nun vollbracht.
Auch wenn Lebensalter quälen.
Jetzt wird nie mehr schlapp gemacht.
Lebe einfach immer weiter;
keine Schule, wenig Kummer.
Steig hinauf die Lebensleiter
bis hinauf zur höchsten Nummer.
Kommst du an, steht da ’ne 100
Ja dann fragst du dich verwundert.
Mensch! Wie hab ich das gemacht,
dass die Sprossen nicht gekracht?
Kletterst noch ein Stück hinauf –
Plumps --- und Konrad fängt dich auf!
Erich @ (Friät- un Suup-) Naober Bad Essen, 08. Dezember 2007
Erich Adler ©
Vierzeiler für einen 70ger
Nicht gelogen, nicht geschummelt,
nicht am Alter rumgefummelt.
Täglich steifer – doch mit Würde.
So nimmt man die nächste Hürde.
“Noch ein Gedicht” – noch ein Anlass für Gebrauchslyrik
Idee: Umarbeitung eines bekannten Kinderliedes - vom “bucklicht Erich”
Hommage zum Jubiläum der immer munteren „Jubilorin“ am Bornweg
Erich Adler ©
Auf ein altes Kindergedicht
Wenn ich in mei’ m Beetlein knie
Will ein bisschen graben
Bleibt die Lore erst mal stehn
Ist für’n Schnack zu haben.
Will ich in den Ort wohl gehn
Will ein Blümchen holen
Seh ich Leonore da
Flink wie ’n junges Fohlen!
Geh beim Bäcker ich vorbei
Mir Gebäck zu kaufen
Seh ich durch die Scheibe raus
Lore, Lore laufen.
Später in die Küch’ ich geh
Will mein Süpplein kochen
Kommt am Fenster sie vorbei
Wohl von Arzt gestochen.
Will ich in mein Stüblein gehn
Will mein Müslein essen
Kurvt die Frau ums Eck herum
Hat scheints was vergessen.
Sitz ich später dann bei Tisch
Mampfe ganz im Stillen
Kommt mir in den Sinn so frisch
Gleich ein frommer Willen:
„Lieber Herrgott - ach ich bitt
Halt mir diese Frau lang fit!“
Erich Adler ©
Ernst (haft) gefeiert
Jetzt wird’s ernst,
jetzt kommt ein Spruch,
denn ein Lied,
ist nicht genug.
Heute ist der Tisch gedeckt,
drauf stehen Gläser für den Sekt.
Heiterkeit zieht ins Gesicht,
Alterswehmut will Ernst nicht.
Darum hat er uns geladen,
ist es auch zu seinem Schaden.
Wohin sonst mit seinem Geld?
Besser doch, wenn ’s uns gefällt,
dass er lebt noch auf der Welt
und uns Nachbarn herbestellt.
Ja, der Ernst – ich glaub, der macht sich!
Wurd‘ er 70? Wird er 80?
Zählen ist uns scheißgal –
Hauptsache hier knallt‘s im Saal.
Deshalb nochmals hoch das Glas –
Freudentränen – und das war’s !
Nachtrag: πάντα ῥεῖ (Panta Rhei) = ‚Alles fließt‘ oder auch:
Alles Flüssige rasch her damit!
Wem mein Sprüchlein war zu kurz –
muss wohl einmal wiederkommen,
wenn mehr Zeit vorbeigeschwommen.
Dann hab ich ganz lang gedichtet,
seitenweise angerichtet,
was den Zuhörern gefällt,
selbst wenn sie es nicht bestellt.
Wird Ernst 90 oder 100,
rufe ich bestimmt verwundert:
„Menschenskind – wer hätt‘ gedacht,
dass Jubeln so viel Arbeit macht!“
d) Gebrauchslyrik? – Jetzt wird’s noch ernster:
Abschiedsdank nach typischem Schadchen bei alternden Männern:
Erich Adler ©
So’n Schiet – schon Abschied
Vor ein paar Tagen traf ich ein als Patient
und hatte kaum noch eine Nacht gepennt;
Es war die Blase, die sich nicht entleerte,
sodass der ganze Körper sich bei mir beschwerte.
Der Tipp: „Ins Krankenhaus!“ war mir nicht sehr geheuer.
Ich wehrte ab: „Die mach’n mich auch nicht neuer!“
Doch letztlich blieb mir keine andre Wahl,
denn mit ’nem „Blasen-out-door-Beutel“ wird der Lebensradius schmal.
Mein Hausarzt wusste, wo sich Rettung findet,
ein Haus in Lübbecke und das nicht nur entbindet.
Die Mischung macht’s aus Kompetenz und Wärme,
vom Kopf ins Herz bis runter in die Därme. –
Heut geh ich fort – der Alltag weitergeht.
Ich hoffe sehr, dass Dr. Dettmars Team besteht.
Als Dank bleiben Gedicht und Kärtchen da.
Ein Erich grüßt mit neuer Prostata.
Lübbecke, Station 6 Ost 01. 08. 07
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Hochzeit - Geburtstag - Dank- und Abi-Rede (Wer noch mehr braucht s. PDF - Version)
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