“... Lesen schadet den Augen! ”

 

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                                                                                     I.

     Klausur im Fach Deutsch                                     Name:___________________

     

                         

    Thematik: Lyrik im Barock und Expressionismus

     

    Aufgabenstellung:

     

    Analysieren und interpretieren Sie eines der Gedichte und ordnen Sie den Text der Literaturepoche begründend zu!

      

    Andreas Gryphius (1616 - 1664):

    Einsamkeit

     

    In dieser Einsamkeit/ der mehr denn öden Wüsten/

    Gestreckt auf wildes Kraut/ an die bemoßte See:

    Beschau` ich jenes Thal und dieser Felsen Höh`

    Auff welchem Eulen nur und stille Vögel nisten.

    Hir/ fern von dem Pallast; weit von des Pövels1 Lüsten/

    Betracht ich: wie der Mensch in Eitelkeit vergeh

    Wie/ auff nicht festem Grund` all unser Hoffen steh`

    Wie die vor Abend schmähn/ die vor dem Tag uns grüßten.

    Die Höl`/ der rauhe Wald/ der Todtenkopff/ der Stein/

    Den auch die Zeit auffrist/ die abgezehrten Bein/

    Entwerffen in dem Mutt unzehliche Gedancken.

    Der Mauren 2 alter Grauß/  diß ungebau`te Land

    Ist schön und fruchtbar nur/ der eigentlich erkant /

    Daß alles/ ohn ein Geist/ den Gott selbst hält/ muß wancken.

                                      

     Anm:  1  Pövel = Pöbel, einfaches Volk;  2 Mauren = Mauern

     

     

    Wilhelm Klemm (1881 – 1968)

     Meine Zeit 

     

    Gesang und Riesenstädte, Traumlawinen.

    Verblasste Länder, Pole ohne Ruhm,

    ( . . . )                                       (1917) - Das Sonett ist leider noch nicht copyfrei

                                                                                                

     Angaben zum Autor:

     Wilhelm Klemm, geboren 1881 als Sohn eines Buchhändlers in Leipzig;  Studium der Medizin u.a. in München,

     1905 Promotion; während des Ersten Weltkriegs Oberarzt an der Westfront; seit 1922 Verzicht auf

      literarische Veröffentlichungen; 1921-37 im Verlagswesen tätig; politische Verfolgung durch die Nazis;

     lebte nach dem Krieg in Wiesbaden, wo er 1968 verstarb.

     

              Alternative:

 

          Max Hermann – Neiße  (1886 – 1941)

          Ein Abend ist vertan  -  ein Tag zerschlagen . . .

           

          Ich muß mich wieder in dies Glashaus bannen

          an das kein Echo und kein Lockruf pocht

          wo Träume, trostlos wie erfrorne Tannen,

          sich ducken um ein bald verdämmernd Docht.

           

          Ein Abend ist vertan. . . ein Tag zerschlagen . . .

          vernichtet Liebe viel und wie erstickt

          in Gittern, wo der Nachtigallen Schlagen

          verstummt und unstet die Gazelle blickt.

           

          Und draußen ist vielleicht der Witwe Wald,

          der neben meinem Lied am Morgen lief,

          den weite Weg zu seinem Grab gegangen.

           

          Und draußen kniet vielleicht in Knechtsgestalt

          der Strahlende, den meine Sehnsucht rief,

          sich hin, den Todesstreich jetzt zu empfangen.

 

                                        *

              (aus: M. H.-N.: Empörung . Andacht . Ewigkeit, Leipzig 1918; Entstehung des Gedichts 24. 11. 1915) ) 

       

    Max Herrmann-Neiße: kleinwüchsiger Sohn eines Gastwirts und Kaufmanns in Neiße/Schlesien. Studium der

    Kunstgeschichte und Germanistik in München und Breslau; ab 1917 in Berlin als Schriftsteller und Kritiker

     tätig; emigrierte nach dem Reichstagsbrand 1933 mit seiner Frau in die Schweiz, dann nach Holland,

    Frankreich, England; er starb in London 1941. 

 

     

                   II.

     

    Klausur im Fach Deutsch                                     Name:___________________

     

    Aufgabenstellung:

     

    Analysieren und interpretieren Sie eines der Gedichte und ordnen Sie den Text der Literaturepoche

    begründend zu!

     

         Daniel Casper von Lohenstein (1635 - 1683):

         

           O BIOS ESTI KOLOKYNTHÄ *

         

              Dis Leben ist ein Kürbis/ die Schal' ist Fleisch und Knochen;

              Die Kerne sind der Geist/ der Wurmstich ist der Tod;

              Des Alters Frühling malt die Blüthe schön und roth/

              Jm Sommer/ wenn der Saft am besten erst sol kochen/

              So wird die gelbe Frucht von Kefern schon bekrochen/

              Die morsche Staude fault/ der Leib wird Asch' und Koth;

              Doch bleibt des Menschen Kern der Geist aus aller Noth/

              Er wird von Wurm' und Tod und Kranckheit nicht gestochen.

              Er selbst veruhrsacht noch: Daß eine neue Frucht/

              Ein unverweßlich Leib aus Moder Asch' und Erde/

              Auf jenen großen Lentz im Himmel wachsen werde.

              Warumb denn: daß mein Freund mit Thränen wieder sucht

              Die itzt entseel'te Frau? die Seel' ist unvergraben/

              So wird er auch den Leib dort schöner wieder haben.

                                   *   griech.: Das Leben ist ein Kürbis

                             

        Andreas Gryphius (1616 - 1664)

        Ebenbild unsres Lebens

        Auff das gewöhnliche Königs-Spiel.

         

           DEr Mensch das Spil der Zeit/ spilt weil er allhie lebt.

        Im Schau-Platz diser Welt; er sitzt/ und doch nicht feste.

        Der steigt und jener fällt/ der suchte der Paläste/

           Und der ein schlechtes Dach/ der herrscht und jener webt.

           Was gestern war ist hin/ was itzt das Glück erhebt;

        Wird morgen untergehn/ die vorhin grüne Aeste

        Sind nunmehr dürr und todt/ wir Armen sind nur Gäste

           Ob den ein scharffes Schwerdt an zarter Seide schwebt.

        Wir sind zwar gleich am Fleisch/ doch nicht von gleichem Stande

        Der trägt ein Purpur-Kleid/ und jener grabt im Sande/

           Biß nach entraubtem Schmuck/ der Tod uns gleiche macht.

        Spilt denn diß ernste Spil: weil es die Zeit noch leidet/

        Vnd lernt: daß wenn man von Pancket des Lebens scheidet:

           Kron/ Weißheit/Stärk und Gut/ bleibt ein geborgter Pracht.

         

         

         Anm.      V 2: Königsspiel = Schachspiel; V  4: schlecht = schlicht, einfach

                      V 13: Bankett = Festmahl;  (Parkett = getäfelter Fußboden)

     

     

                       III.

     

     

    Klausur im Fach Deutsch                                     Name:___________________

     (Gedichtvergleich)

     Analysieren und interpretieren Sie die beiden Gedichte und leisten Sie einen Vergleich!

     

     Andreas Gryphius (1616 - 1664):

     Einsamkeit

     In dieser Einsamkeit/ der mehr denn öden Wüsten/

    Gestreckt auf wildes Kraut/ an die bemoßte See:

    Beschau` ich jenes Thal und dieser Felsen Höh`

    Auff welchem Eulen nur und stille Vögel nisten.

    Hir/ fern von dem Pallast; weit von des Pövels1 Lüsten/

    Betracht ich: wie der Mensch in Eitelkeit vergeh

    Wie/ auff nicht festem Grund` all unser Hoffen steh`

    Wie die vor Abend schmähn/ die vor dem Tag uns grüßten.

    Die Höl`/ der rauhe Wald/ der Todtenkopff/ der Stein/

    Den auch die Zeit auffrist/ die abgezehrten Bein/

    Entwerffen in dem Mutt unzehliche Gedancken.

    Der Mauren 2 alter Grauß/  diß ungebau`te Land

    Ist schön und fruchtbar nur/ der eigentlich erkant /

    Daß alles/ ohn ein Geist/ den Gott selbst hält/ muß wancken.

     

                                       Anm:  1 Pövel = Pöbel, einfaches Volk; 2  Mauren = Mauern

     

      

    Alfred Lichtenstein (1889 – 1914)

    Punkt

    Die wüsten Straßen fließen lichterloh

    Durch den erloschnen Kopf. Und tun mir weh.

    Ich fühle deutlich, dass ich bald vergeh –

    Dornrosen meines Fleisches, stecht nicht so.

     

    Die Nacht verschimmelt. Giftlaternenschein

    Hat, kriechend, sie mit grünem Dreck beschmiert.

    Das Herz ist wie in Sack. Das Blut erfriert.

    Die Welt fällt um. Die Augen stürzen ein.

                                                                                       (1914)                                                                                                                                                 

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